Der Zwang zum guten Helden

Wenn die Spieler von selbst nicht die Tragweite dieser Worte und die Konsquenzen für ihre Helden begreifen, können Sie ihnen dies mit KL-Proben oder durch den Rat von Meisterpersonen zugänglich machen.

Diesen Satz habe ich kürzlich in einem der neueren DSA-Abenteuer gelesen. Welches Abenteuer das war, spielt eigentlich keine Rolle. Wer sucht, wird solche oder ähnliche Sätze wahrscheinlich in mehreren DSA-Abenteuern finden.

Seitdem beschäftigt mich die Frage: Warum steht dort ein solcher Satz?

Der Autor hält es offenbar für notwendig, Spieler mit sanftem Zwang in eine gewünschte Richtung zu drängen. Durch KL-Proben oder den Rat von Meisterpersonen soll ihnen klargemacht werden, welche negativen Folgen ein Abweichen von der gewünschten Richtung haben wird. Die Spieler sollen dazu gebracht werden, sich mit ihren Helden auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten: Mutig, selbstlos, autoritätsgläubig, zwölfgötterfürchtig – eben so, wie es sich für echte DSA-Helden gehört.

Ein feiges, egoistisches oder rebellisches Verhalten der Spielercharakter wird selten toleriert – allein schon deshalb nicht, weil sonst der Plot nicht mehr funktioniert. Die Erfahrung zeigt, dass Abenteuerhandlungen häufig bestimmte stereotype Verhaltensmuster und Einstellungen der Helden voraussetzen. Götterfurcht und Kaisertreue sind die Leitlinien, nach denen ein Held im Verlauf eines Abenteuers gefälligst zu handeln hat. Aus ihnen soll er zudem einen Großteil seiner Motivation ziehen, um überhaupt Abenteuer bestreiten zu wollen.

Diese Voraussetzungen schränken aber die Entscheidungsfreiheiten der Spieler stark ein und mindern den Spielspaß. Wie oft haben DSA-Spieler wohl schon nur deshalb bestimmte Entscheidung getroffen, weil es das Abenteuer so vorgesehen hat? Warum sollen die Spieler eigentlich mit ihren Helden nicht die Götter verfluchen und die Kaiserin ermorden können?

Sind DSA-Spieler wirklich so unmündig, dass das offizielle Aventurien nur in einem ganz eng vorgegebenen Rahmen funktionieren kann?

Ich denke nicht.

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