DSA mit Savage Worlds

Es gibt Rollenspiele, die haben einen Ruf wie Donnerhall. Savage Worlds gehört dazu. 2009 veröffentlichte Prometheus Games das Regelwerk erstmals auf Deutsch. Seitdem erfreut sich SW in der Rollenspielszene großer Beliebtheit. Warum das so ist? Das selbstgewählte Motto von Savage Worlds liefert die Antwort: Fast! Furios! Fun!

Savage Worlds ist ein genreunabhängiges Rollenspiel, das den Schwerpunkt auf schnelles Spielen und kurze Vorbereitungszeit legt. Böse Zungen behaupten, damit wäre es das genau Gegenteil von DSA. Das ist natürlich gemein, hat aber eine wahren Kern.

Für Savage Worlds gibt es seit rund zweieinhalb Jahren eine Konvertierung des DSA-Regelwerks. Seitdem ist Savage Worlds ein Fluchtpunkt für DSA-Spieler geworden, denen die DSA4.1-Regeln zu umfangreich, unverständlich und undurchdacht erscheinen. Meine Rollenspielgruppe hat den Schritt ebenfalls gewagt. Seit einigen Monaten bestreiten wir unsere Abenteuer in Aventurien mit dem Savage-Worlds-Regelwerk. Doch ist das noch DSA?

Was passiert, wenn aus DSA-Helden plötzlich Savage-Worlds-Charaktere werden? Wie wirkt es sich aus, wenn statt 3W20 nunmehr 1W8 gerollt wird? Wenn Talente nicht mehr Talente sondern Fertigkeiten heißen? Wenn aus 50 Zaubern 5 werden? Wo bleibt das DSA-Gefühl?

In den folgenden Abschnitten mache ich mich auf die die Suche nach diesem DSA-Gefühl. Ich werde drei grundlegende Regelbereiche von Savage Worlds mit denen von DSA vergleichen. Beginnen möchte ich mit dem Wichtigsten in Aventurien: Den Helden.

Charaktere in Savage Worlds

Die Erschaffung eines Savage-Worlds-Charakters ist der Erschaffung eines DSA-Heldens sehr ähnlich – und doch ganz anders. Der größte Unterschied: Was bei DSA zu einer abendfüllende Beschäftigung wird, ist bei Savage Worlds in wenigen Minuten erledigt.

Ein Blick in die Regelbücher macht den Unterschied deutlich. Das Kapitel für die Charaktererschaffung umfasst bei Savage Worlds nur drei Seiten. Im „Wege der Helden“ hat das Kapitel „Die Erschaffung eines aventurischen Helden“ hingegen etwa zwölf eng beschriebene DIN-A4-Seiten (Tabellen und Zeichnungen rausgerechnet). Kein Wunder also, dass die Chraktererschaffung bei Savage Worlds schneller als bei DSA verläuft. Dabei sind die grundlegenden Regelmechanismen sehr ähnlich.

Savage-Worlds-Charaktere haben:

  • Eigenschaften (Attribute genannt)
  • Talente (Fertigkeiten)
  • Nachteile (Handicaps)
  • Vorteile und Sonderfertigkeiten (Talente)

Bei der Charaktererschaffung stehen dem Spieler eine feste Zahl von Punkten zur Verfügung, die sie auf die Attribute und Fertigkeiten verteilen. Das erinnert sehr an die Generierungspunkte bei DSA. Für die Wahl eines Handicaps gibt es Zusatzpunkte. DSA-Spielern dürfte all das vertraut klingen.

Der Unterschied zu DSA findet sich im Detail. Oder besser: Im Fehlen der Details. Im Savage-Worlds-Grundregelwerk gibt es nur 24 Fertigkeiten. Während DSA allein mit 26 Kampftalenten aufwartet, gibt es davon bei Savage Worlds nur zwei drei: Kämpfen, Schießen und Werfen.

Charaktere in Savage Worlds haben nur eine handvoll Werte und noch weniger Zauber. Anders als bei DSA gewinnt ein Spielercharakter seine Konturen nicht durch die Eigenschaften und Talente. Charakteren unterscheiden sich vor allem durch ihre Sonderfertigkeiten.

Die Charaktere – Wo bleibt das DSA-Gefühl?
Wie? Es gibt kein Talent für Speere und Stäbe? Und warum hat mein Magier nur fünf Zauber?Beim Blick auf den Savage-Worlds-Charakterbogen kommen kaum DSA-Gefühle auf. Es gibt so wenig Werte, so wenig Talente, so wenig Zauber. Die Charaktere sehen irgendwie alle gleich aus. Bei DSA reicht ein Blick auf den Talentebogen, um die Heldenprofession zu erkennen. Bei Savage Worlds ist das nur schwer möglich. Ungewohnt.

Dabei gibt es eigentlich wenig, was in Savage Worlds fehlt. Für Bereiche, die DSA mit drei oder mehr Talente abdeckt, gibt es in Savage Worlds ein Talent. Und selbst als alter DSA-Kämpe merkt man schnell, dass das Spiel sehr gut mit weniger Werten funktioniert. Sogar besser. Und dennoch: Savage-Worlds-Charaktere wirken… dünn. Man blickt auf den Heldenbogen und denkt sich: „Da fehlt doch was.“

Die grundlegenden Spielregeln

Wer Würfel mag, mag Savage Worlds. Endlich kommt die umfangreiche Würfelsammlung mal zur vollen Geltung. In Savage Worlds wird fast alles gebraucht, was sich rollen lässt: W4, W6, W8, W10, W12.

Die Spielregeln sind eng mit den Würfeln verknüpft. Attribute und Fertigkeiten eines Charakters sind in Würfeltypen von W4 bis W12 angegeben. Um eine Eigenschaft einzusetzen, würfeln die Spieler einfach mit dem entsprechenden Würfel. Ein Ergebnis von 4 oder mehr ist ein Erfolg. Für jeweils 4 Punkte über diesen Mindestwurf wird eine so genannte Steigerung erzielt. Je mehr Steigerung, desto besser ist die Probe gelungen. Wie in DSA können äußere Umstände die Probe erschweren oder erleichtern.

Eine Besonderheit von Savage Worlds ist das Konzept der Asse. Alle Proben sind nach oben offen. Falls ein Würfel das höchstmögliche Ergebnis zeigt (ein „Ass“), darf der Würfel erneut geworfen werden und das neue Ergebnis wird zum alten addiert. Der Vorgang wiederholt sich im Fall von weiteren Assen. Savage Worlds spricht in solchen Fällen von „explodierenden Würfeln“.

Das Konzept der explodierenden Würfeln führt jedoch zu Problemen mit der Würfelwahrscheinlichkeit. Es gibt einzelne Mindestwürfe, bei denen es besser ist, schlechter zu sein – also einen kleineren Würfel zu haben. Auf Teilzeithelden.de wird diese Widersprüchlichkeit in einem anschaulichen Beitrag dargestellt.

Abgesehen von den Problemen mit der Würfelwahrscheinlichkeit ist der grundlegende Regelmechanismus von Savage Worlds jedoch schön gestaltet, sehr eingängig und erfreulich einheitlich. Nahezu alle Proben werden auf diese Art abgewickelt.

Die Grundregeln – Wo bleibt das DSA-Gefühl?
Keine 3W20 mehr? Ist das noch DSA? Es fehlt definitiv der Nostalgiefaktor. Die 3W20-Probe ist ganz eng mit DSA verknüpft. Fehlen die 3W20, fehlt ein Stück DSA-Gefühl.

Davon ab, sind die Mechanismen dem DSA-Regelwerk sehr ähnlich. Immer noch heißt es: „Würfel mal auf xyz. Erschwert um 2.“ Gewürfelt wird auf die passende Eigenschaft oder das entsprechende Talent. Für eine erfolgreiche Probe muss ein Mindestwert erreicht oder übertroffen werden. Je höher ich würfle, desto besser. So weit, so DSA.

Der Unterschied: Statt einem W20 rolle ich unterschiedliche Würfel. Dafür ist der Wert immer gleich, den ich erzielen muss. Ist das eine große Umstellung? Nö. Das geht nach kurzer Zeit schnell von der Hand. Allein der 3W20-Nostalgiefaktor verhindert das pure DSA-Gefühl.

Eine echte Umstellung sind hingegen die „explodierenden Würfel“. Nicht selten erzielen Charaktere enorme Würfelerfolge in Gebieten weit außerhalb ihres Spezialgebietes. Das kommt gefühlt öfter vor als im DSA-Regelwerk.

Die Kampfregeln

Der Kampf ist in weiten Teilen eng beim DSA-Regelwerk. Iniative, Aktionen, Attacke, Parade, Rüstungsschutz, Wunden. All das dürfte DSA-Spielern bekannt vorkommen. Es gibt sogar zahlreiche Kampfmanöver und Kampfsituationen, die stark an DSA4.1 erinnern. Der Unterschied liegt – mal wieder – im Detail. Die größten Unterschiede gibt es bei: Initiative, Wunden, Nichtspielercharaktere.

Die Initiative wird durch ein Poker-Kartenspiel bestimmt. Jeder Charakter und jeder Gegner oder Gegnergruppe erhält eine Karte. Anschließend zählt der Spielleiter vom Ass bis zur Zwei herunter und die Charaktere handeln in der entsprechenden Reihenfolge.

Für den Nahkampfangriff wird der Würfel für die Fertigkeit „Kämpfen“ gerollt. Der Mindestwert, um einen Gegner zu treffen, ist diesmal nicht die 4, sondern der Paradewert des Gegners. Dem Angegriffenen steht somit keine aktive Parade zu. Bei einem erfolgreichen Angriff würfelt der Angreifer den Schaden aus. Wie bei DSA muss für einen Treffer der Rüstungswert (hier: Robustheit) übertroffen werden. Ein großer Unterschied: Es gibt keine Lebenspunkte, nur Wunden. Hat ein Held mehr als drei Wunden, scheidet er aus dem Kampf aus.

Der dritte große Unterschied: Es gibt bei Savage Worlds nicht nur Spieler- und Nichtspielcharaktere. Es wird zudem zwischen wichtigen und unwichtigen NSCs unterschieden. Die unwichtigen Nichtspielercharktere heißen Statisten. Und viel mehr sind sie auch nicht. Sobald ein Statist eine Wunde erleidet, scheidet er aus dem Kampf aus. Kämpfe gegen große Gegnergruppen gehen so wesentlich schneller als bei DSA. Doch Vorsicht vor den wichtigen NSCs! Sie sind ebenso robust wie die Helden und damit der eigentliche Gegner im Kampf.

Der Kampf – Wo bleibt das DSA-Gefühl?
Regeln für berittenen Kampf? Für Betäubungsschaden? Für improvisierte Waffen? Gibt es alles in Savage Worlds. Auch Attackewürfe, Rüstungsschutz und Wunden sind da. Hach, es kommen DSA-Gefühle auf.Und das trotz der teils deutlichen Unterschiede. Dass es keine Lebensenergie gibt, die man langsam runterkloppt, daran gewöhnt man sich schnell. Größer ist die Umstellung bei den Statisten. Der Kampf gegen eine Horde von zehn oder mehr Goblins ist keine Herausforderung mehr, bei der die Knie der Helden zu Schlottern beginnen. In Savage Worlds gehört so was zum kleinen Helden-Einmaleins.

Die Kampfregeln sind durchdacht und eingängig. Gerade in den ersten Spielsitzungen ist dennoch häufig ein Blick ins Regelwerk notwendig. Trotz des Anspruches von Savage Worlds, ein schnelles Spiel zu ermöglichen, sind die Kampfregeln umfangreich und relativ detailliert. Oder mit anderen Worten: Da ist es, das DSA-Gefühl.

Ist das DSA-Gefühl da?

Ist DSA mit Savage-Worlds-Regeln noch DSA? Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ja und Nein.

Savage Worlds ist nah dran am DSA-Regelwerk, es fügt sich in die aventurische Spielwelt ohne allzu große Verrenkungen ein. Es ist DSA, es ist Aventurien, nur ein wenig anders.

Das größte Unterschied ist aber: DSA lebt von seinen Details. In Savage Worlds sind die Regeln, besonders die Charaktere, teilweise sehr grobkörnig. Das reine und wahre DSA-Gefühl will so nicht aufkommen.

Ist das schlimm? Nicht wirklich. Zum reine und wahre DSA-Gefühl gehörten bei uns auch stundenlange Regeldiskussion. Die gibt es nicht mehr. Und wenn das der Preis ist, den ich für etwas weniger DSA-Gefühl zahlen muss… nur gern.

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