Contact – das taktische Taktik-Rollenspiel mit Taktik

ContactMan hätte gewarnt sein können. „Taktisches Rollenspiel“ steht in Großbuchstaben auf dem Cover. Keine Überraschung also, dass im Inneren kein luftig leichtes Regelsystem wartet, das man mal eben morgens zwischen Aufstehen und Zähneputzen durchliest. Doch was soll man von einem Rollenspiel halten, wenn die Charaktererschaffung folgenden Hinweis enthält: „Wir empfehlen, diese Berechnung mit der offiziellen Tabellenkalkulation durchzuführen“? Das lässt nichts Gutes vermuten, oder? Dabei hat Contact das Zeug zu einem tollem Spiel.

Contact ist ein Sci-Fi-Rollenspiel, in dem die Erde im Jahr 2047 von außerirdischen Mächten bedroht wird. Die Spieler übernehmen die Rollen von Mitgliedern der geheimen UFO-Abwehrorganisation OMEGA und müssen die Welt nicht nur gegen Aliens verteidigen, sondern sich auch gegen heimische Gegenspieler zu Wehr setzen. Contact ist eine Mischung aus der TV-Serie „Akte X“ und dem PC-Spiel „X-Com – Enemy Unknown“.

Akte X trifft X-Com

Wer das PC-Spiel kennt, wird zahlreiche Déjà-vu-Erlebnisse habe. Es drängt sich geradezu der Eindruck auf, als hätte der Uhrwerk-Verlag das Rollenspiel zum PC-Game herausgebracht. Nicht nur, dass die taktischen Kämpfe gegen Aliens ein zentrales Element des Spiels sind und ähnlich funktionieren, auch der Aufbau einer eigenen Basis ist Teil des Rollenspiels. Das Ganze wird kombiniert mit Verschwörungstheorien à la Akte X und garniert mit der Technologie des mittleren 21. Jahrhunderts.

Ich finde, das klingt großartig.

Doch das Regelsystem von Contact… ich weiß ja nicht.

Zum Beispiel die Fertigkeiten:
Jede einzelne Fertigkeit wird anhand einer Formel bestimmt, die sich aus mehreren relevanten Attributen zusammensetzt.
Der Wert für Handfeuerwaffen errechnet sich beispielsweise so:
15 + Beweglichkeit/2 + Geschicklichkeit/2 + Wahrnehmung

Der Wert für Erste Hilfe errechnet sich hingegen so:
10 + Geschicklichkeit + 2xIntelligenz

Das kann sich natürlich kein Mensch merken. Und das Ausrechnen dürfte auch nicht die größte Freude sein, weswegen die Autoren den oben bereis erwähnten Tipp geben, diese Berechnung mit der offiziellen Tabellenkalkulation durchzuführen. Eine Berechnung, die man selbstverständlich immer dann aufs Neue durchführen muss, wenn sich die Attribute im Zuge des Charakteraufstiegs erhöht haben. Argh.

Am sinnvollsten erscheint es da fast, die Charakter nur noch in digitaler Form auf PC oder Tablet zu verwalten. Das passt dann zwar zum Sci-Fi-Setting – doch Pen&Paper ist das irgendwie nicht mehr.

Kampfregeln für Spezialisisten

Als DSA-Spieler ist es aber beruhigend zu wissen, dass auch andere Rollenspiele ihre regeltechnischen Stolpersteine haben. Die Kampfregeln von Contact sind… nunja… es ist eben ein taktisches Rollenspiel. Mit Betonung auf taktisch. Und mit Ausrufezeichen.

Contact ist definitiv kein Erzählrollenspiel, bei dem Kämpfe schon mal mit Handwedeln entschieden werden. Gefragt ist Taktik und der richtige Einsatz der taktischen Fertigkeiten und der zugehörigen Regeln. Mit anderen Worten: Die Kampfregeln sind detailliert. Der Detailgrad hält sich zwar meist in vernünftigen Grenzen, erreicht an einigen Stellen jedoch fragwürdige Auswüchse. Es gibt zum Beispiel sieben (!) verschiedene Schadenstypen. Das muss man mögen.

Wer das aber mag (und wer seinen Charakter gern mit einer Tabellenkalkulation generiert), der wird Contact wahrscheinlich spitze finden. Ich bin da noch etwas unentschlossen. Das Setting von Contact finde ich super. Doch der Schwerpunkt des Spiels liegt eindeutig auf den taktischen Kämpfen. In meiner Einschätzung ist Contact eher ein Tabletop mit Rollenspiel-Elementen.

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6 Gedanken zu “Contact – das taktische Taktik-Rollenspiel mit Taktik”