DSA5 ohne Helden und Realismus?

DSA5Nicht ansatzweise habe ich alle Diskussionen über DSA5 im Ulisses-Forum und an anderen Stellen verfolgt. Doch wenn mich mein Eindruck nicht täuscht, scheint sich unter nicht wenigen DSA-Spielern eine große Unzufriedenheit breitzumachen. Ein Unzufriedenheit, die sich nicht aus dem Wegfall einzelner liebgewonnener DSA4-Regelmechanismen speist. Es macht sich eine grundlegende Unzufriedenheit mit dem Regeldesign breit, das an essentiellen Stellen als fehlerhaft und unzulänglich angesehen wird.

Die teils harsche Kritik am DSA5-Betaregelwerk, wie sie auch im DSA4-Forum geäußert wird, ließe sich als das zu erwartende Internet-Genöle abtun, das mit jeder neuen Regeledition aufkommt. Überraschend wäre allein gewesen, hätte es ausschließlich Zustimmung zu DSA5 gegeben. Doch nicht jede Kritik an DSA5 bewegt sich auf dem Niveau von „Rabäh, die haben meine Lieblingssonderregel gestrichen“. Wird diese Art von Genöle ausgeblendet, bleiben nachdenklich stimmende Einwände übrig.

Kein phantastischer Realismus mehr?

rpgnosis
RPGnosis geht mit DSA5 hart ins Gericht

Bei RPGnosis gibt es zwei ausführliche Beiträge zum DSA5-Betaregelwerk. Der zweite Text zu „Fertigkeitsproben, Eigenschaften und Talente“ ist rundum lesenswert; für spannender – weil grundlegender – halte ich aber den ersten Beitrag, der mit „Adieu, Phantastischer Realismus“ betitelt ist.

RPGnosis kommt darin zu dem Schluss, dass DSA mit der fünften Regeledition ein anderes Spiel wird: „Vielleicht fühlt es sich anfangs für viele noch wie DSA an, weil es viele gleiche Begriffe benutzt, doch der Inhalt dieser Begriffe verschiebt sich“. Ähnliche Befürchtungen wurden zuvor bereits im Ulisses-Forum geäußert.

Demnach ändere sich mit DSA5 das Spielgefühl. Mit den neuen Regeln sei keine Spielweltsimulation mehr möglich. Die DSA5-Regeln bildeten den Hintergrund nicht mehr plausibel ab. Das bisherige Aventurien funktioniere nicht mehr nach den neuen Regeln, weswegen entweder die künftig für die Spielwelt andere Mechanismen gelten als für die Spieler oder aber sich die Spielwelt den neuen Regeln anpasst und sich Aventurien dadurch teils deutlich ändern müsse.

Die bisherigen DSA-Regeln waren weder gut noch wurde das Konzept einer Spielweltsimulation gut umgesetzt. Doch immerhin gab es eine Art Konzept. Es gab den Anspruch einer Simulation, es gab den sogenannten „phantastischen Realismus“. Mit DSA5, so die Kritik, verabschiede sich Aventurien vom phantastischen Realismus.

Keine Helden mehr?

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Kritik auch im DSA4-Forum

In eine ganz ähnliche Richtung zielt die Kritik im DSA4-Forum, die vor allem von User Sumaro mit folgenden Satz auf den Punkt bringt: „Die aktuellen Regeln können viel der Spielwelt nicht abbilden.“ Wie RPGnosis sieht er damit in DSA5 eine Abkehr vom phantastischen Realismus. Sumaro kritisiert damit aber nicht allgemein eine Abkehr vom bisherigen Spielgefühl, sondern bemängelt konkret die Rolle der Helden in der Spielwelt.

Epische Gestalten wie mehrere Jahrhunderte alte Hexen, Elfen oder Zwerge, verhüllte Meister und ähnliche machtvolle Gestalten lassen sich laut Sumaro nicht mehr mit den DSA5-Regeln abbilden. Das hat entweder Auswirkungen auf die Spielwelt oder die Rolle der Helden.

Gelten die neuen Regeln für Spielercharaktere und Nicht-Spielercharaktere gleichermaßen, dürfte es keine wirklich machtvollen Charaktere in Aventurien geben. Das DSA5-Aventurien wäre eine andere Spielwelt als das DSA4-Aventurien.

Gelten die neuen Regeln hingegen nur für Spielercharaktere, müssten sich die Spieler damit abfinden, dass ihre Helden niemals zu den wirklichen machtvollen Charakteren Aventurien gehören können. Helden wären demnach Charaktere, die vielleicht mal ein paar Orks verjagen dürfen und einen versteckten Schatz finden. Die epischen Heldentaten aber sind stets den Nichtspielercharakteren vorbehalten.

Was will DSA5?

Welche Art von Spiel möchte DSA5 ermöglichen? Welche Rolle sollen die Helden spielen? Wie können die Regeln diese Art Spiel unterstützen?

Diese Fragen hätten am Anfang der Arbeit an DSA5 stehen sollen. Ob sich darüber jedoch Gedanken gemacht wurde, ist zweifelhaft. Die DSA5-Eckpfeiler, die Ulisses im vergangenen September veröffentlichte, hätten eigentlich Antworten auf diese Fragen geben sollen. Doch in den Eckpfeilern ging es nur um Regeldetails. Das Ziel von DSA5 war offensichtlich vorwiegend, das bisherige Regelsystem zu vereinfachen und die zahlreichen Probleme von DSA4 zu beheben.

Wie RPGnosis nachvollziehbar kritisiert, wurden dabei aber Regeln „gekürzt, vereinfacht und zusammengestrichen, ohne einen kritischen Blick darauf zu werfen, was das für die Spielwelt, in der sie angewendet werden, bedeuten wird, falls sie noch nach diesen Regeln funktionieren soll.“ Und – lässt sich hinzufügen – ohne einen kritischen Blick darauf zu werfen, was das für die Rolle der Helden in der Spielwelt bedeutet.

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