Darum geht’s: Aventurisches Kompendium – Der erste Regelerweiterungsband für DSA5
Das Aventurische Kompendium ergänzt das DSA5-Grundregelwerk um neue Optionen für den Kampf und den Einsatz von Talenten. Das Kompendium beschreibt besondere Angriffsmöglichkeiten, liefert Trefferzonen- und Turnier-Regeln und enthält neben mehreren Kampfstilen zudem zahlreiche neue Kampfsonderfertigkeiten. Zugleich stehen im Kompendium Details zum Einsatz von Talenten, Fokusregeln für spezielle Spielsituationen wie Soziale Konflikte oder Verfolgungsjagden und eine Reihe neuer profaner Sonderfertigkeiten und Professionen.
Das Beste am Kompendium: Die einheitliche Struktur
Ich mag Struktur. Nicht erst Hü und dann wieder Hott. In einem Regelband möchte ich mich anhand einer einheitlichen Struktur schnell orientieren können. Daher mag ich es, wie sehr sich die DSA-Redaktion um Einheitlichkeit bemüht. Ein Beispiel: Die Darstellung der Talent-Anwendungsgebiete umfasst immer (!) eine Beschreibung des Anwendungsgebiets, Vorschläge für die Probenart und den Einsatz von Qualitätsstufen und zudem ein Anwendungsbeispiel.
Der Nervigste am Kompendium: Die schlecht gewählte einheitliche Struktur
Die Darstellung der Talent-Anwendungsgebiete hat ungefähr 70 Seiten. Das ist viel. Und das liegt vor allem daran, dass die Darstellung der Talent-Anwendungsgebiete immer (!) eine Beschreibung des Anwendungsgebiets, Vorschläge für die Probenart und den Einsatz von Qualitätsstufen und zudem ein Anwendungsbeispiel umfasst. Das ist nervig. Nicht nur, weil die Anwendungsgebiete meist selbsterklärend sind, sondern auch, weil sich die Einträge häufig wiederholen. Besser wäre es gewesen, bei der Darstellung der Talent-Anwendungsgebiete nicht immer (!) eine Beschreibung des Anwendungsgebiets, Vorschläge für die Probenart und den Einsatz von Qualitätsstufen und zudem ein Anwendungsbeispiel anzugeben. Dann hätte auch nicht ein und dieselbe Tabelle mehrfach abgedruckt werden müssen. So drängt sich der Eindruck auf, dass die Darstellung der Talent-Anwendungsgebiete nur deswegen immer (!) eine Beschreibung des Anwendungsgebiets, Vorschläge für die Probenart und den Einsatz von Qualitätsstufen und zudem ein Anwendungsbeispiel umfasst, um mit diesem Copy&Paste die Textlänge aufzublähen. (Aber so etwas würde natürlich niemand tun.)
Das gröbste Missverhältnis: Ankündigung und Umsetzung
Ich schaue mir den Klappentext des Aventurischen Kompendiums an und ich lese etwas über eine Welt voller Gefahren, ich lese etwas über mächtige Kampstile und geheime Techniken. Und dann schlage ich das Kompendium auf und ich lese etwas über die Komplexität der Herstellung einer dreistöckigen Marzipantorte, ich sehe die Sonderfertigkeit Ölmalerei, ich finde zehn verschiedene Trefferzonentabellen und Regeln für Am Geländer herunterrutschen und Kampfstile, die einen +1-Bonus geben. Das passt einfach nicht zusammen.
Die drängendste Frage: Wo ist der Mehrwert?
Das Aventurische Kompendium erweitert DSA5 um zahlreiche Regeln und Werte für teils sehr spezielle Eigenschaften, Fähigkeiten und Spielsituationen. Die Frage ist nur: warum? Eine Antwort gibt das Aventurische Kompendium nicht. Im Vorwort steht sinngemäß: Hier habt ihr mehr Detailregeln, damit ihr mehr Detailregeln habt. Doch Detailreichtum sollte nicht das Ziel eines Regelwerks sein. Detailreichtum kann der Zweck sein, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Doch welches Ziel verfolgt DSA5? Welche Art von Spiel möchte DSA mit seinem Regelsystem unterstützen? Und welchen Beitrag leistet das Aventurische Kompendium dazu? Insbesondere vor dem Hintergrund älterer Aussagen zu DSA5 habe ich nicht den Eindruck, dass die DSA-Redaktion auf diese Fragen eine schlüssige Antwort geben kann.
Der größte Makel: Wie sich die DSA-Redaktion aus der Verantwortung stiehlt
„Die 5. Edition der DSA-Regeln ermöglicht einen flüssigeren Spielablauf, actionreichere Kämpfe und ein einfaches Losspielen ohne vorher Hunderte Seiten an Regelwerk studieren zu müssen.“ So ist es immer noch auf der Ulisses-Homepage zu lesen. Ein Aventurisches Kompendium jedoch bringt vor allem 240 neue Regelseiten, die den Spielablauf verlangsamen und das einfache Losspielen behindern.
Vermutlich sieht die DSA-Redaktion darin nicht mal einen Widerspruch. Sie zieht sich auf die Aussage zurück, nach der die Regeln optional seien. Die Regeln seien lediglich ein Angebot an Spieler, die sich mehr Detailreichtum wünschten, wie es im Vorwort des Aventurischen Kompendiums heißt. Doch damit macht es sich die Redaktion zu leicht. Sie trägt die Verantwortung für die Regeln in ihrer Gesamtheit. Und wenn DSA5 das Spiel flüssiger, actionreicher und einfacher machen soll, dann muss diese Maxime für das Regelwerk als Ganzes gelten, nicht nur für einzelne Teile.
Wertung: 1 von 5 Würfel
Was würde mir ohne das Aventurische Kompendium fehlen? Nichts. Nicht alles an dem Regelerweiterungsband ist schlecht. Manche Kampfsonderfertigkeiten sind interessant. Auch die Fokusregeln im Talentkapitel sind zwar keine regeltechnischen Highlights, aber immerhin solide Hilfestellungen. Doch unterm Strich ist das Aventurische Kompendium überflüssig, gar schädlich. Die Regelerweiterungen machen DSA5 nicht flüssiger, actionreicher und einfacher, sondern langsamer, buchhalterischer und umständlicher.
Das Aventurische Kompendium ist kein Buch für Helden und spannende Kämpfe in einer gefahrvollen Welt. Es ist vor allem ein Sammelsurium unfassbar kleinteiliger Regeln mit kaum vorhandener Spielrelevanz. Das Kompendium ist ein Regelband für Spielerinnen und Spieler, die ihre Charaktere mit nebensächlichen Schnickschnack ausstaffieren möchten.
Fakten und Zahlen
- Aventurisches Kompendium
- DSA5-Regelerweiterung
- Verlag: Ulisses Spiele
- Umfang: 240 Seiten
- Erscheinungsdatum: Juni 2016
- Preis: 39,95€ (Gebunden), 19,95€ (Taschenuch), 19,99€ (PDF)
4 Gedanken zu “Rezension: Aventurisches Kompendium”
und ich dachte, dass ich es verrissen hätte, und immerhin hab ich ja die doppelte Punktzahl vergeben.
Allerdings sprichst Du nicht nur mir, sondern fast allen Leuten, die DSA schon länger und mehr als einmal gespielt haben, aus der Seele. Aus einer Ankündigung wurde eine komplette Umkehrung des Marketings, was ja auch heute noch offensiv so vertreten wird.
Das Kompendium hat mir an sich ganz gut gefallen, allerdings habe ich mir auch nur die 19.95 Variante geleistet. Diese kommt allerdings in einem handlichen Format daher und ist so schonmal deutlich weniger unpraktisch als die ganzen Schinken.
Es wäre dem Buch vermutlich geholfen gewesen, wenn die ausführlichen Tabellen und ähnliches rigoros auf einer Seite pro Talent gehalten worden wären. Ich kann also schon sehen, dass man da den Überblick schnell verliert.
Der Mehrwert ist sehr durchwachsen. Mir haben die zusätzlichen Kampfsonderfertigkeiten und allgemeine Sonderfertigkeiten sehr gefallen, da sie Varianz hineinbringen ohne, dass es deutlich optimale Lösungen gibt und sie auch frei von Kandidaten sind, bei denen man sich nur denkt ‚Nette Idee, aber so wie das geregelt ist nutzt das niemand über SF X‘.
Komplizierte Trefferzonenregeln bieten mir keine Erfüllung und die habe ich auch nur überblättert – würde der Rezension in diesem Punkt also zustimmen.
Alles in allem habe ich viele schöne Sonderfertigkeiten bekommen die mir helfen Helden ‚auf dem Papier‘ schöner auszugestalten. Das hilft, zusammen mit Vorteilen, dann auch die ganze Geschichte vom Würfeln mit ins Spiel mit hineinzubringen.
Problematischer finde ich bei der DSA 5 Produktgestaltung eher die Tendenz alles in verschiedenen Bändern zu publizieren. Gleichzeitig in der Hand gehabt: Die streitenden Königreiche und das Rüstkammer Ding. Sind beide nicht auf dem gleichen Stand.
tl;dr: Wollte (d20) feats für dsa; bekam (d20) feats.
Ja, eine einheitliche Struktur ist klasse, wenn sie denn sinnvoll gewählt ist und klare Unterscheidungen von übergeordneten und untergeordneten Abschnitten etc. erlaubt,.
Es ist nicht damit getan das eine braun und das andere violett oder hellblau zu unterlegen. Das hat Markus im Podcast auch schon als Fehler erkannt bzw. bezeichnet. Immerhin. Mal sehen, wie es im nächsten Band bzw. einer Neuauflage gehandhabt wird.
Aber die unzulänglichkeiten gehen ja noch weiter.
Kampftechniken, Kampfsonderfertigkeiten, Kampfstile, Kampfstilsonderfertigkeiten…
WTF??!! Wer soll da noch durchsteigen?
Auch bei den Talenten/Fertigkeiten und deren sonstige Bezeichnungen wie SF, Anwendungsgebiete usw.
Das Vokabular ist teilweise zu undurchsichtig und zu ähnlich, so dass Regelkomplexe schlecht von einander abgetrennt sind und alles in einem Regelmischmasch verschimmt. Hier besteht für die Zukunft (DAS 5.1?) dringender Handlungsbedarf.
Haha, ich hätte mich fast weggeschmissen vor Lachen. In dem Fall kann ich natürlich nicht wissen ob hier bug oder feature am Werk ist.
Du fragst dich (mehr als berechtigt) welchen Mehrwert die ganzen Detailregeln bringen und wer dann die Zielgruppe sein soll? Die Antwort ist vermutlich sehr simpel.
DSA4 war in seiner Gesamtheit so lachhaft kompliziert, dass man immer wieder hörte, das sei doch nur was für Perverse mit einem Fetisch für unnötigen Regelballast. Und immer wieder hörte man von Menschen, die dieses Regelungetüm tatsächlich gut fanden. Nehmen wir mal an, die Grundregeln von DSA5 wären halbwegs geschmeidig und überschaubar, dann hätte der Regeldesigner vermutlich ein Problem. „Was machen wir mit den ganzen Perversen, die ihr größtes Vergnügen daraus ziehen völlig überkomplexe Regeln zu erlernen?“ Diese Leute sind definitiv eine Zielgruppe. Und ich würde mal darauf wetten, dass es genügend Menschen sind, um ein solches Produkt lohnenswert zu machen.
Das ist natürlich sehr schade, für die, die sich ein wirklich ein flüssiges System mit interessanten Kampfstilen und all den anderen Dingen gewünscht hätten. Vielleicht gibt es ja noch mal ein Fast Kompendium, das ein anderes Set von Optionen anbietet, die wirklich schneller und eleganter sind. Was nämlich gerne vergessen wird, ist der Umstand, dass es von solchen optionalen Regeln ja durchaus Varianten geben kann. Eine für die Fraktion mit Fokus Regelaversion, eine für die Fraktion mit Fokus Regelaffinität. Leider scheint man davon aber kaum Gebrauch zu machen. Dazu müsste man sich natürlich auch inhaltlich mit der Frage auseinandersetzen, welche Regel für welches Publikum sein soll. Das ist halt verdammt schwierig.