Warum der Splittermond-Einstieg so schwer ist

Splittermond? Das ist doch dieses Rollenspiel, in dem man sprechende Hunde spielen kann. Dieses Rollenspiel mit der merkwürdigen Welt Lorakis, die von Japan-Elfen bevölkert wird, die ihre Zeit mir Seidenmalerei verbringen. Diese Welt, wo hinter jedem Busch eine Fee hockt oder eine Ruine vor sich hingammelt.

Splittermond, das ist dieses Rollenspiel, das den Mainstream-Rollenspieler im Kopf hat, den DSA-Spieler, der auf der Suche nach neue Reizen ist. Dieses Rollenspiel, das spannende Abenteuer, uralte Geheimnisse, große Entdeckungen und erhabene Erlebnisse verspricht, dann aber hotzenplotziger daherkommt als DSA in seinen berüchtigtsten Zeiten.

Splittermond, das ist dieses Rollenspiel, das sich nicht entscheiden kann, das alles will, wo es alles geben soll. Dieses Rollenspiel, das alles bietet – nur nicht eine überzeugende Antwort auf die Frage: Warum sollte ich in Lorakis spielen?

Absonderlichkeiten statt Besonderheiten

Die Welt von Splittermond wirkt wie eine Spielwiese, auf der sich die Autoren mal so richtig austoben durften. Jeder hat eine Ecke bekommen, um sein persönliches Lieblingsreich zu erschaffen. Manche Spieler sehen in dieser Vielfalt eine Stärke von Splittermond. Mir jedoch erscheint die Splittermond-Spielwelt Lorakis wie einem Flickenteppich, dem verbindende Elemente fehlen.

Genau das macht den Splittermond-Einstieg so schwer.

Denke ich an Splittermond, fallen mir keine herausstechenden Merkmale dieser Spielwelt ein. Es gibt nichts, was das Spiel in Lorakis verbindet oder auszeichnet. Allenfalls die Mondpfade und die Feenwelt kommen dem nahe. Doch gerade diese Elemente spielten in den ersten Splittermond-Publikationen kaum eine Rolle.

Denke ich daher an Splittermond, fallen mir die Dinge ein, die nun mal im Gedächtnis bleiben, wenn es sonst nichts Bemerkenswertes gibt: sprechende Hunde zum Beispiel oder seidenmalende Japaner-Elfen.

Das Geheimnis um das Besondere

Langsam jedoch wandelt sich dieses Bild. Erst auf dem zweiten (oder besser: auf dem dritten oder vierten) Blick ist das Interessante an Splittermond zu erkennen. Ein kleiner Augenöffner war die Selenia-Regionalband.

Diese Beschreibung eines recht klassischen Fantasy-Settings erinnert stark an aventurische Regionen wie das Mittelreich oder Nostria und Andergast. Doch Selenia bietet das, was ich (mittlerweile) häufig an DSA vermisse: mehr Freiheit, Wildnis, Abenteuer, Geheimnis, Entdeckung, Fantastik und vor allem mehr Raum für Größe und für Heldentum.

Den Splittermond-Machern habe ich bislang immer angekreidet, dass sie es versäumt haben, ihrer Welt das Besondere zu verleihen. Allein von der Besonderheit einer großen, lebendigen Welt zu sprechen, wie es auf der Splittermond-Homepage steht, überzeugt mich nicht. Das ist nichts besonderes. (Vor allem dann nicht, wenn bislang wenig zu sehen ist von der angekündigten Weiterentwicklung dieser lebendigen Welt.)

Vielleicht aber war es den Splittermond-Machern auch gar nicht möglich, das Besondere ihrer Welt deutlicher herauszustellen. Mittlerweile bin ich nämlich mehr denn je davon überzeugt, dass Splittermond vor allem ein Ziel hat: das bessere DSA zu sein.

Lorakis – der aventurische Schwesterkontinent

Kauft Splittermond! Das bessere DSA!“ ist allerdings ein Werbespruch, mit dem der Uhrwerk-Verlag verständlicherweise nicht hausieren geht. Wahrscheinlich auch waren die Splittermond-Macher bei der Gestaltung ihrer Welt weit weniger auf Aventurien und DSA fokussiert, als ein solcher Werbespruch vermuten ließe.

Ob gewollt oder nicht: Das Besondere an Splittermond ist die Verwandtschaft mit DSA. Lorakis ist wie Aventurien, nur ohne den Ballast und die Enge und die diversen anderen Unzulänglichkeiten. Die Splittermond-Welt gleicht der DSA-Welt in ihren frühen Jahren. Sie ist derzeit ein Setting im Übergang von der ersten zur zweiten Generation, wie sie der Eismann definiert hat:

Erste Generation
Ein paar Autoren tun sich zusammen und entwickeln einen Hintergrund. Jeder wirft Ideen rein, was man grade so für einen guten Plan hält. Besonders radikale Konzepte werden verbaut, denn langweilig kann jeder. Es herrscht kreative Anarchie.

Zweite Generation
Mit den Setzungen der ersten Generation sind die Grundsäulen des Hintergrundes festgelegt. Aber vieles passt so recht nicht zusammen. Die zweite Generation muss nun mit diesen Setzungen arbeiten, aber alles zu einer plausiblen Gesamtwelt zusammen fügen, um den Hintergrund für längere Zeit lauffähig zu halten.

Nachdem ich mir diese Besonderheit klargemacht habe, fallen die Absonderlichkeiten der Splittermond-Welt nicht mehr so stark ins Gewicht. Wenn sprechende Hunde der Preis für ein besseres DSA sind, dann bleibt mir nur eins zu sagen: Wuff.

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