Ignorieren und Improvisieren hilft gegen den Metaplot nicht

Mein Beitrag „Ich kenne keine Meisterpersonen mehr“ hat offensichtlich einen Nerv getroffen. Nur wenige Texte auf Arkanil wurden häufiger gelesen und kommentiert. Die meisten Kommentatoren teilten meine Kritik am Metaplot. Doch es gab auch vereinzelte Gegenstimmen. Stimmen, die den Metaplot als Angebot sehen, aus dem sich das Interessante herauspicken lässt, während der Rest ignoriert und improvisiert werden kann. Ich glaube jedoch nicht, dass das funktioniert.

Hier ist mein Gegenargument:

Ungespielte Abenteuer

Das sind einige der Abenteuer, die in meinem Regal stehen, die ich aber immer noch nicht gespielt habe. Dabei kaufe ich mir nicht mal jedes DSA-Abenteuer. Von den 50 aktuellsten Abenteuern besitze ich 24, also immerhin grob die Hälfte. Davon wiederum habe ich wiederum nur die Hälfte gespielt. Obwohl wir uns sehr häufig und regelmäßig treffen, ist mehr ist aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Mit anderen Worten: Ich spiele nur 1 von 4 DSA-Abenteuern. Und das ist ein Problem.

Man muss nicht alles wissen

Niemand in meiner Spielrunde hat den Anspruch, alles über Aventurien zu wissen und stets auf dem aktuellen Stand zu sein. Doch wenn wir drei Viertel aller DSA-Abenteuer niemals spielen werden, bedeutet das zugleich, dass wir rund drei Viertel aller aventurischen Ereignisse nicht oder nur am Rande mitbekommen. Drei Viertel. Das ist ’ne Menge.

Der Metaplot zieht damit von uns relativ unbeachtet vorbei. Allerdings lässt er sich nicht ignorieren. Viele Abenteuer, die wir spielen, haben Bezug zum Metaplot. Um zu verstehen, warum Aventurien in dem Abenteuer so aussieht, wie es gerade aussieht, müssen wir auf den Metapot zurückgreifen. Im Extremfall geht das im Schnelldurchlauf: „Übrigens: Gareth wurde vor kurzer Zeit von einer fliegenden Stadt zu großen Teilen zerstört. Deswegen sieht das hier alles noch so wild aus. Ach ja, und: Brin gibt es nicht mehr. Das Mittelreich hat einen neuen Herrscher.“

Selbst ohne den Anspruch zu haben, alles wissen und alles kennen zu wollen, muss ich über viel die aktuellen Geschehnisse in Aventurien wissen. Fast immer dann, wenn ich zu einem offiziellen Abenteuer greife, muss ich mich in den Metaplot einarbeiten. Deswegen werden auch die Vorworte in den Abenteuern immer länger, weil der Autor wortreich erläutern muss, wie genau sich das Abenteuer in den umfangreichen und komplexen aventurischen Hintergrund einfügt.

Natürlich könnte ich als das ignorieren. Ich könnte mein ganz „eigenes“ Aventurien schaffen, in dem ich mich nicht an den offiziellen Vorgaben orientiere, sondern eigene Ideen einbaue und häufig improvisiere. Aber ist das die Lösung?

Dann improvisiert man halt

Niemand ist gezwungen, sich an die offiziellen DSA-Vorgaben zu halten. Rollenspiele ermuntern die Spieler sogar dazu, eigene Ideen einzubringen, zu improvisieren. Doch DSA macht seinen Spielern das Improvisieren sehr schwer.

Zahlreiche Kaufabenteuer sind eng mit dem Metaplot verwoben. Wir sich nicht an die offiziellen Vorgaben hält, wer die Abenteuer nicht in der vorgesehenen Reihenfolge spielt, wer mehr als nur Nebensächlichkeiten improvisiert, wird schnell unüberschaubare Konflikten zum offiziellen Aventurien heraufbeschwören. Von den Abenteuern, die in meinem Regal stehen, werde ich wohl manche allein deshalb nicht mehr spielen, weil sie nicht in die Reihenfolge passen und durch den Metaplot veraltet sind.

Doch selbst wer sich an den Vorgaben orientiert und Improvisationen nur auf Nebensächlichkeiten beschränkt, ist nicht auf der sicheren Seite. Wer kann angesichts der Fülle an offiziellen Vorgaben schon sagen, was Nebensächlichkeiten sind? Wer weiß schon, ob die Orte oder Personen, die heute nebensächlich erscheinen, nicht in späteren Kaufabenteuern von großer Bedeutung sein werden?

So lange ich mit offiziellen Abenteuern spielen möchte, hat jede Improvisation enge Grenzen. Wer zu viel improvisiert, wird über kurz oder lang vor der Entscheidung stehen, entweder jedes Kaufabenteuer weitgehend umzuschreiben oder fortan auf solche Abenteuer zu verzichten.

Das aber kann nicht Sinn der Produktpolitik sein. Kaufabenteuer sollen eine Hilfe sein; so wie sie sind, nicht erst nachdem sie umfassend überarbeitet worden sind. Oder wie es zuvor Rondrian in einem Kommentar geschrieben hatte: „Die Publikationen sollten funktionieren, ohne dass man auf eine Ignorieren-Strategie angewiesen ist.“ So ist es.

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