Rezensionsexemplare und Gefälligkeitskritiker

Es gibt Dinge, die sollte ein Verlag besser nicht tun. Zum Beispiel: Rezensenten keine Rezensionsexemplare mehr liefern, wenn sie mal kritisch urteilen.

Seit sechs Jahren schreibt Autorin Caninus für den Rollenspielblog Neue Abenteuer über Das Schwarze Auge und rezensiert DSA-Produkte – meist äußerst wohlwollend. Ulisses Spiele stellte dafür regelmäßig Rezensionsexemplare zur Verfügung. Seit rund zwei Monaten jedoch erhält Neue Abenteuer nach eigenen Angaben keine Rezensionsexemplare mehr. Auf Nachfrage habe Ulisses erklärt, dass sich Neue Abenteuer über die Lawine von DSA 5-Produkte beschwert hätte und daher aus dem Verteiler für Rezensionsmaterial gestrichen worden sei.

Auslöser des Belieferungsstopps war laut Neue Abenteuer-Co-Autor Infernal Teddy ein Blogbeitrag, in dem er sich kritisch mit der Veröffentlichungspolitik zu DSA5 auseinandergesetzt hatte. Daraufhin habe Ulisses „den Hahn abgedreht“. Da es von Seiten des Verlages keine „offizielle Reaktion“ auf den Artikel gegeben habe, sei die Entscheidung aus heiterem Himmel gekommen. Auf die Anfrage, ob man „vielleicht weiter zusammenarbeiten könnte“, soll Ulisses nicht reagiert haben.

Mich lässt diese Geschichte ein wenig ratlos zurück. Kann das wahr sein? Ist Ulisses so kurzsichtig? Möchte der Verlag wirklich den Eindruck erwecken, nur Gefälligkeitskritiker erhalten Rezensionsexemplare? Kaum zu glauben.

Ich bin ohnehin der Meinung, dass es den meisten Rollenspielerinnen und Rollenspielern an Distanz mangelt. Das trifft vor allem auf die zu, die sich in Blogs und Foren zu Wort melden. Und gerade wer von Verlagen mit kostenlosen Rezensionsexemplaren versorgt wird, der sollte ganz besonders kritisch seine Einstellung den Verlagen gegenüber prüfen.

Bei den DSA-Rezensionen von Neue Abenteuer habe ich diese kritische Distanz nicht immer erkannt. Wenn sich Infernal Teddy in seinem Blogbeitrag zudem bei Ulisses für „die gute Zusammenarbeit in den letzten dreieinhalb Jahren“ bedankt, verstärkt das nur mein Stirnrunzeln.

Ulisses indes würde mit einem solchen Vorgehen bei mir nicht nur für Stirnrunzeln sorgen, sondern für ungläubiges Kopfschütteln. Wer Rezensionsexemplare verteilt, muss diese unabhängig von Kritik verteilen. Wer das Verteilen von Rezensionsexemplare nach schlechter Kritik einstellt, bringt sich selbst und alle anderen Rezensenten in Verruf.

(Michael Masberg hat das in einem Kommentar treffend zusammengefasst – ich bin da ganz bei ihm)

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