Als DSA-Spieler bin ich zutiefst autoritätsgläubig. Gardisten, Geweihte und Gildenmagier werden von mir stets mit Respekt behandelt. Ihr Wort hat Gewicht. Dabei weiß ich zwar durchaus zwischen einem tumben Büttel und einer gelehrten Spektabilität zu unterscheiden. Doch selbst der versoffene Nachtwächter in irgendeinem nostrischen Dorfflecken ist für mich Inhaber einer amtsgegebenen Autorität, die ihn zunächst einmal zu einer Respektperson macht.
In besonderem Maße trifft dies auf Personen zu, die allein durch ihre Geburt höchsten Respekt genießen: Adlige. Sie sind für mich die Respektpersonen schlechthin. Ihr Wort ist Gesetz, ihre Autorität ist unerreicht.
Zumindest war das mal so.
In den letzten Jahren haben Adlige in meiner Wahrnehmung einen dramatischen Autoritätsverfall erlitten. Selbst Träger höchster Adelstitel mussten sich weit größeren Mächten beugen. Emporkömmlinge konnten überall in Aventurien Herrschaft, Titel und Autorität an sich reißen – während der Adel weitgehend hilflos dabei zusehen musste, wie seine eigene Macht verfiel.
Getriebene statt Gestalter
Dieser Autoritätsverfall ist nicht nur auf den Adel beschränkt. Auch die Kirchen haben an Macht, Ansehen oder Einfluss verloren. Doch von den Umwälzungen der jüngeren aventurischen Vergangenheit ist der Hochadel besonders betroffen gewesen.
Adlige sind in Aventurien zu Nebendarstellern geworden. Sie werden hin- und hergeworfen von Ereignissen, die außerhalb ihres Einflussbereiches liegen. Jeder Adlige ist austauschbar geworden – und wurde in der Vergangenheit ausgetauscht.
Das gilt selbst für den höchsten Adligen Aventuriens, den Herrscher über das Mittelreich: Auf Kaiser Hal folgte Brin, auf Bring folgte Emer, auf Emer folgte vorübergehend Jast Gorsam, kurz versucht es Answin von Rabenmund, bis Rohaja schließlich den Kaiserthron bestieg, während sich gleichzeitig aber Selindian Hal als rechtmäßigen Thronerben betrachtet.
Das sind sieben Herrscher in gut 20 aventurischen Jahren.
Kommen und Gehen
Für mich waren Adligen früher die Fixsterne der aventurischen Hintergrundgeschichte. Mittlerweile sind sie wie Sternschnuppen, die kurz aufglühen und ebenso schnell wieder verschwinden. Heute könnte ich kaum eine Handvoll aventurischer Adlige beim Namen nennen.
Ein Teil dieser Unkenntnis lässt sich vielleicht auf meine mangelnde Beschäftigung mit den aventurischen Ereignissen zurückführen. Aber umso bezeichnender ist es, dass ich mich erst intensiver mit der jüngeren aventurischen Vergangenheit beschäftigen müsste, um die Namen einflussreicher Adliger parat zu haben.
Bedeutende Meisterpersonen sind die Gesichter Aventuriens. Mittlerweile kommt Aventurien aber arg ausdrucklos daher.
Am Ende der Kampagne um das Jahr des Feuers wurde die Rückkehr des Kaisers versprochen. Dieses Versprechen habe ich immer auch als eine Renaissance des adeligen Standes interpretiert. Ich habe mir sogar den Beginn einer neuer Beständigkeit im Umgang mit Meisterpersonen erhofft. Leider ist dieser Wunsch bislang nur selten in Erfüllung gegangen.
9 Gedanken zu “Wann kehrt denn der Kaiser zurück?”
Ein sehr treffender Artikel – während gerade zu Beginn meines DSA-Lebens große Charaktere bzw. Meisterpersonen, die man einfach kennen musste und kannte in den Adelshäusern vertreten waren und denen man auch in vielen Publikationen begegnen konnten, werden die Gesichter mittlerweile immer grauer.
Obwohl natürlich durchaus klischeebehaftete Figuren dazumals auf den Thrönen der Fürstentümer und Grafschaften saßen (man kann sich nicht wirklich vorstellen, dass Waldemar von Weiden für die Politik geboren war), so waren den Spielern diese Figuren wenigstens ein Begriff und ein Raunen ging am Spieltisch um, wenn solche Namen fielen…
Nicht einmal mit einer Rohaja von Gareth oder einem Selindian Hal kann ich mittlerweile mehr als ein mildes Lächeln am Spieltisch erzeugen. Zu wenig markantes scheint den heutigen Figuren innezuwohnen…
Ich sehe das nicht ganz so dramatisch. Die Zahl der mittelreichischen Kaiser in den letzten 20 Jahren beschränkt sich auf drei (Hal, Answin und Rohaja); Emer, Brin und Jast haben den Titel nie geführt. Und Answins Herrschaft währte nur kurz.
Des weiteren kommt hinzu, dass im Verlauf der Zeit die NSCs auch älter werden. Es ist dann nicht stimmig, wenn Aventurien von lauter Greisen beherrscht wird.
Wenn also neue NSCs eingeführt werden, dann stellt sich immer die Frage, wie die Spieler sie aufnehmen. Rohaja, z.B., die große Heldenkaiserin, kommt nicht bei jedem so an, sondern muss das Klischee der Blondine erst noch überwinden. Selbst bei alten NSCs ist es manchmal verwunderlich, welchen Ansehenswandel sie durchlaufen haben. Dexter Nemrod, den ich im Wolf von Winhall zum erstenmal begegnete, war mir verhasst und auf gar keinen Fall die Heilsgestalt, die er im Jahr des Feuers plötzlich verkörperte.
Aber ein paar Fixsterne sind uns noch geblieben: Jast Gorsam, Herzog der Nordmarken, Blasius vom Eberstamm, Fürst vom Kosch, Graf Growin von Ferdok, … Nicht alles hat sich verändert.
Mit Rohaja kann ich auch noch nicht viel anfangen. Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Aber vorerst muss ich Ostreich zustimmen. Rohaja oder Selindian Hal sind (bislang) keine Lichtgestalten. Als Spieler denke ich mir bei Rohaja: „Jaja, schon wieder eine, die gern Kaiser sein möchte. Mal abwarten, wie lange die sich halten kann. Wenn die in ein paar Jahren immer noch auf dem Thron sitzt, dann kann man langsam mal anfangen die ernst zu nehmen.“
Ich bin da zwiegespaltener Meinung. Zum Einen sehe ich es ähnlich wie Arkanilium. Die Adeligen haben wirklich an Charakter verloren. Sie sind einfach keine Identifikationsfiguren mehr für die meisten Helden.
Allerdings muss ich aus Spielersicht sagen, dass es mich nie wirklich interessiert hat wer, wo, wie, wann an der Macht sitzt. Denn im Endeffekt kommt man doch kaum in Kontakt mit diesen Personen; befindet sich höchstens mal in deren Dunstkreis. Wie oben bereits geschrieben haben für Helden die lokalen Autoritätspersonen eine viel höhere Bedeutung als irgendeine Kaiserin auf dem Thron.
Man sollte dabei auch den Plot des Mittelreiches bedenken, der ja vielleicht mit „Fall und Aufstieg eines Reiches“ zusammengefasst werden kann. Den Fall haben wir…eigentlich seit Beginn von DSA erlebt: es ging immer weiter abwärts:
Orksturm, Ogerzug, Kaiser verschwunden, Answinkrise, Borbarad, Jahr des Feuers, noch eine Answinkrise usw. Derzeit erleben wir das Zurückdrängen der Heptarchen, Rohajas Entwicklung von einer jungen, unerfahrenen Ritterin zu einer weitsichtigen Kaiserin und den langsamen, aber stetigen Wiederaufbau des Reiches.
In Zuge dessen sind natürlich viele der Figuren, die man einst als Konstanten angesehen hat gestorben, dazu kommt, dass viele eben einfach alt waren. Derzeit wird eine neue Generation etabliert: Rohaja, Rondrigan…hmm, Hartuwal oder Hagrobald…Jast Grausams Enkel…Swantje von Rabenmund etc. Die haben natürlich noch den schweren Stand, dass sie die „geliebten alten“ Charaktere ersetzen sollen und dadurch etwas skeptischer beobachtet werden.
Ein weiterer Punkt ist, dass dieser Adelsschwund erstmal nur für das Mittelreich gilt. An anderen Stellen halten sich ja durchaus einige NSC: Hasrabal, der Kalif, Amir Honak, dazu dann einiges an hohen Geweihten (man überlege nur wie lange Ayla schon SdS ist, erstaunlich für die Geweihte einer Göttin, die dann doch etwas selbstmörderischer veranlagt sind 😉 ).
Wenn jetzt tatsächlich eine neue Generation entabliert wird, wäre ich zufrieden. Manche Entwicklungen gehen durchaus in die Richtung.
Auf der anderen Seite treten aber auch wieder andere bekannte Meisterpersonen ab. Man kann z.B. von den Schwarzen Lande und den Heptarchen halten, was man will. Aber auch dort verschwinden sukzessive bekannte Meisterpersonen.
Natürlich tun sie das. Man muss nur sehen über wie viele Jahre es die schon gibt – über 15 wohl in jedem Fall. Irgendwann ist es dann Zeit für etwas Neues (und ganz ehrlich: gerade die Heptarchen WILL man irgendwann wirklich besiegt haben…blöde Skrechu 😉 ). Auch aus Autorensicht gesehen: jeder will natürlich irgendwie seine eigenen Visionen und Ideen einbringen. Wenn Aventurien voll mit NSC ist, hat man irgendwann keinen Spielraum mehr (das sollte zwar nicht der Hauptgrund sein, aber bedenken sollte man es trotzdem).
Dazu kommt dann der nicht zu unterschätzende Faktor der Briefspieler. Man kann davon halten, was man will, aber das Adelscalendarium kommt nun einmal von der Seite ;-).
Ich sehe weniger das Problem des Mangels an bekannten Meisterpersonen, als vielmehr den systematischen und sinnvollen Aufbau derselbigen.
Bei meiner Gruppe (Stand: Anfang von Rückkehr des Kaisers) sind etliche der (dort) aktuellen Meisterpersonen bekannt. Allein, die meisten wurden mittlerweile von den Spielern mit wenig schmeichelhaften Spitznamen bedacht.
Die komplette Praioskirche ist absolut unten durch, bei der Rondrakirche keimen die ersten leisen Zweifel auf. Rohaja (die gerade gesucht wird) und Selindian Hal werden eher belächelt.
Einzig Rondrigan genießt ein hohes Ansehen und Respekt.
Bei den, ich sage mal Alteingesessenen NSCs, sieht das schon wieder ganz anders aus.
Leomar vom Berg, Ludalf von Wertlingen und Ugo von Mühlingen haben da einen ganz anderen Stand. Während letzterer von ganzem Herzen gehasst wird genießen die ersten beiden ein hohes Ansehen. Wobei durch die Darstellung von Leomar auch hier erste Zweifel kommen (Warum treibt der sich rund um Wehrheim rum statt sich nach Gareth zu begeben?).
Zugegeben, als Spielleiter hat man hier einiges in der Hand und ich bezweifle hier alles richtig gemacht zu haben.
Aber bei Ikonen wie Dexter Nemrod sah die Sache ganz anders aus. Zu dem hatten die Spieler eine intensive Hassliebe entwickelt und als sie ihn nach der Schlacht in den Wolken feierlich zu Grabe getragen haben, konnten sich auch die hartgesottensten unter ihnen eine Träne kaum verkneifen.
Ich denke es wurde in gewisser Weise versäumt eine neue Generation an NSCs zu gestalten die die alten direkt beerben konnten. Sowohl beim Adel als auch beim Klerus.