2011 war das Jahr des Drachen – zumindest in unserer Spielrunde. Drei Abenteuer der Drachenchronik-Kampagne haben wir in 2011 durchgespielt, was annährend das ganze Jahr in Anspruch genommen hat. Mein persönlicher Rückblick auf das Abenteuer-Jahr 2011 wird daher von der Drachchronik dominiert – und mein Fazit fällt insgesamt eher durchwachsen aus.
Doch der Reihe nach.
Gespielt haben wir 2011 folgende Abenteuer:
- Der Unerstättliche (was wir schon in 2010 begonnen hatten)
- Bleiche Gestalten (aus der Anthologie Stromschnellen)
- Im Sand verborgen
- 24 Stunden in Khunchom
- Bis ans Ende
Der Unerstättliche
Das Abenteuer habe ich bereits von knapp einem Jahr in höchsten Tönen gelobt. Ich zitiere mich einfach mal selbst:
Der Unersättliche glänzt mit einer interessanten Hintergrundgeschichte und einer abwechslungsreichen Handlung, die viele unterschiedliche Heldentypen anspricht und den Spieler eine große Freiheit einräumt. Der Spielleiter muss dadurch zwar einiges an Vorbereitungszeit einplanen und etwas Improvisationsgeschick mitbringen, wird vom Abenteuer aber dennoch zu keinem Zeitpunkt alleine gelassen.
Hinzufügen möchte ich nur, dass das Abenteuer von mir sehr nahe an der Vorlage geleitet wurde. Was bei den anderen Abenteuern, die wir 2011 gespielt haben, nicht immer der Fall war.
Bleiche Gestalten
Bleiche Gestalten wurde von uns direkt in Anschluss an Der Unersättliche gespielt. Das Abenteuer habe ich gekürzt, leicht abgewandelt und von Albernia in die Nähe von Ilsur verlegt. Nach der eher epischen Handlung aus Der Unersättliche und vor der langfristig angelegten Drachenchronik schien mir ein ein kleines, bescheidenes Abenteuer sinnvoll.
Insgesamt wurde ich von Bleiche Gestalten nicht enttäuscht. Ein solides Abenteuer mit einer netten, wenn auch etwas vorhersehbaren Geschichten.
Im Sand verborgen
Im Mai habe ich bereits einen ausführlichen Spielbericht geschrieben. Mein Fazit damals: Im Sand verborgen ist ein durchaus interessantes Abenteuer, mit dem die Helden stimmungsvoll in die Drachchronik-Kampagne eingeführt werden. Der hohe Anteil von Organisationsarbeit und Verhandlungsgesprächen trifft aber vielleicht nicht den Geschmack aller Spieler. Die Grundidee ist aber durchweg gut.
Auch von den Spielern wurde das Abenteuer gut aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt kann ich also noch sagen: Bislang verlief das Abenteuer-Jahr 2011 gut.
Das änderte sich mit dem nächsten Abenteuer.
24 Stunden in Khunchom
24 Stunden in Khunchom hat mich enttäuscht. Dass wir mit dem Abenteuer dennoch meist Spaß hatten, hat damit zu tun, dass unser Spiel kaum noch etwas mit dem Abenteuer zu tun hatte. Ich habe gekürzt, ergänzt und den Spielern weit mehr Raum für eigene Aktionen gegeben, als in dem Abenteuern ursprünglich vorgesehen war. Davon haben sie ausgiebig Gebrauch gemacht, so dass der Aufenthalt in Khunchom wesentlich länger als geplant dauerte – wovon die Kampagne aber profitiert hat.
In 24 Stunden in Khunchom habe ich unter anderem das eingeführt, was der Kampagne lange fehlt: Antagonisten. Nicht bloß ein paar Gegner, die so schnell abtreten, wie sie aufgetreten sind, sondern echte Widersacher der Helden.
Die konnten mir aber auch im nächsten Abenteuern nicht weiterhelfen.
Bis ans Ende
(ACHTUNG: Der folgende Text enthält ganz leichte Spoiler!)
Das dritte Abenteuer der Kampagne, Aus Hass geboren, haben wir zum großen Teil übersprungen und direkt mit dem vierten Teil weitergemacht. Bis ans Ende haben wir dann Ende 2011 durchgespielt.
Das Abenteuer lebt von seinen exotischen Schauplätzen und wartet mit einigen Szenen auf, die für nette Spielabende sorgen. Zugleich wirft das Abenteuer aber ein Schlaglicht auf einen weiteren großen Schwachpunkt der gesamten Kampagne: Motivationsmangel.
Die Spieler haben sich nicht erst während Bis ans Ende die Fragen gestellt, worum es eigentlich geht und warum ihre Helden das machen, was sie gerade machen. (Der einzige Motivationsgrund war: Das Abenteuer sieht das so vor. Ansonsten ist die Kampagne vorbei.)
An diesem Motivationsmangel krankt nicht nur die Kampagne, sondern auch das Abenteuer in einzelnen Szenen. Der Abschnitt mit den Wölfen wurde von den Spielern beispielsweise vollständig ignoriert – und zwar mit der Begründung: „Der Graf ist zwar ein Unsympath. Aber diese Angelegenheit geht uns nichts an. Wir haben Wichtigeres zu tun.“ Eine Entscheidung, die ich als Spielleiter völlig akzeptieren kann, weil sie nämlich inneraventurisch oder rollenspielerisch (oder wie immer man das nennen möchte) gut begründet war.
Das Finale des Abenteuers war dann zwar irgendwie spektakulär, aber in Hinblick auf die Kampagne enttäuschend. Worum es geht und was als nächstes passieren soll ist immer noch unklar. Aus der Drachenchronik ist mittlerweile die Luft raus. Für die Spieler – und für mich, als Spielleiter.
Blick in die Zukunft
Wie geht es weiter mit der Drachenchronik? Die Hintergründe der Kampagne sind selbst für mich noch immer schwer nachvollziehbar. Wie soll das erst für die Spieler sein? Und was bedeutet das für deren Motivation. Wahrscheinlich nichts Gutes…
Mittlerweile habe ich mich von dem vorgegebenen Kampagnenplot völlig gelöst und greife auf einzelne Teile der Abenteuerbände zurück, aus der ich mir nach und nach meine eigene Kampagne stricke. Vielleicht wird aus der Drachenchronik so doch noch was…
9 Gedanken zu “Blick zurück auf das Abenteuerjahr 2011”
Wir näherten uns das Jahr 2011 über in wöchentlichen Schritten dem vierten Band der Drachenchronik, die ich als Spieler erlebe.
Mittlerweile haben wir fast geschlossen das Gefühl, nicht mehr ganz Herr unserer Gedanken zu sein, weil Begründungen, um den nächsten Abenteuerschauplatz mit einer bestimmten Absicht zu erreichen, nur schwer ohne den Holzhammer des Meisters zu erreichen sind. Muss denn die Drachenchronik so umfangreich sein, dass man selbst als versierter Spieler nur eine Bruchteil der Drachen kennt? Und warum haben die alle drei bis vier Beinamen, die sich eh niemand merken will/kann?
2011 ähnelte daher dem Studium der drachischen Geschichte (Spoiler: obwohl es bisher „nur“ um die Chronik der Alten Drachen zu gehen scheint).
Und wir haben noch das Glück, dass drei Leute die Vorabenteuer der Kampagne gespielt haben. Böhmische Dörfer sind nichts dagegen… entspannt zusammen daddeln geht anders.
Danke für den Spielbericht. Da wir mit unserer Gruppe vielleicht auch früher oder später die Drachenchronik ansteuern wollen, finde ich das sehr interessant.
Mein Eindruck beim Lesen der Bände war: Für 100 Euro (alle 4 Bände) bekommt man eine äußerst reichhaltige Sammlung an Szenanieren, Hintergrundinformationen und einigen ausgearbeiteten Abenteuern – wobei die nur ansatzweise beschriebenen Szenarien (besonders im dritten Band) teilweise interessanter scheinen als die tatsächlich ausgearbeiteten Abenteuer. Problematisch ist es sicherlich, dass die Spieler erst so langsam die – meiner Meinung nach – spannenden Hintergründe um das Geschehen erfahren und sich daher vermutlich wirklich lange Zeit fragen, was und warum sie das da eigentlich machen…
Meine Ansätze um das zu lösen – ohne bisher Spielerfahrung mit der Kampagne zu haben – wären: (Achtung ab hier teilweise Spoiler!!!):
– von Beginn sollten Antagonisten auftauchen, welche die Helden zu Gesicht bekommen und bekämpfen können! (Arkanil: Du hast da ja in „24 Stunden“ Leute eingeführt… Was hast du denn gemacht, wenn ich fragen darf? 😉 Ich dachte daran, den Elf aus „Aus Hass geboren“ schon früher und mehr im Vordergrund agieren zu lassen; vielleicht schon im Vorfeld der Kampagne, so dass hier ein echter Gegenspieler entsteht, dem die Helden dann am Ende des ersten Bandes dann in einem kleinen Finale stellen können, was sicherlich für die Spieler eine schöne Sache ist. Außerdem braucht so eine Kampagne natürlich Kultisten! 😉 )
– Die Kraftlinienmanipulationen sollten früh entdeckt werden und immer wieder auftauchen, damit die Helden das Gefühl haben: Da passiert etwas und es wird schlimmer! Natürlich nicht zu offensichtlich, sondern erst nach und nach verdichten sich zunächst vage Informationen und Hinweise zu einem immer bedrohlicheren Bild. In den Bänden wird das ja immer mal erwähnt, aber ich glaube nicht immer so, dass die Helden es merken, sondern eher der Meister Bescheid weiß. Das müsste man wohl modifizieren. Dann hätten die Helden wohl auch den Eindruck, sich tatsächlich beeilen zu müssen, weil ja irgendwas Bedrohliches vor sich geht.
– Ich glaube, dass diese Kampagne eine spezielle Auswahl an Heldentypen verlangt. Mind. ein Forscher/Nandus- oder Hesindegeweihter sollte wohl neben einem (Gilden-)Magier in der Gruppe sein, damit die Helden von sich aus, aus ihrem Hintergrund schon ein eigenes Interesse haben, sich mit all den alten Geheimnissen auseinanderzusetzen. Die Motivation bleibt davon abgesehen ja eher vage.
– Es schadet sicher auch nichts – im Vorfeld der Kampagne und auch währenddessen – ein paar der Prophezeiungen zu offenbaren, um das Gefühl bedrohlicher Ereignisse im Hintergrund noch zu steigern. In den verschiedensten Publikationen waren da ja einige verstreut, die man mit viel Meistergeschick immer wieder, aber auch nicht zu aufdringlich einstreuen sollte. Dann hätten die Helden zusätzlich das Gefühl, dass Ereignisse, die sich noch nicht richtig fassen lassen, ihre Schatten voraus werfen.
Alles in allem also: sichtbare Gegenspieler, die über längere Zeiträume immer wieder auftauchen; spürbare Veränderungen, die auf den ersten Blick vielleicht kaum sichtbar sind (Kraftlinien), dafür immer bedrohlicher erscheinen, je näher man (die Helden) hinsieht; viele, viele Hintergrundinformationen (gerne auch falsche Spuren), die über lange Zeiträume gestreut werden und sich nach und nach zu einem Bild verdichten.
Ich werde es also vermutlich ebenso wie du machen und mehr oder weniger meine eigene Kampagne aus den Vorlagen stricken, was ich gespalten sehe: Einerseits freue ich mich darauf und denke, dass ich mit viel Vorarbeit für meine Spieler eine tolle Kampagne daraus weben kann, andererseits ist es schon ärgerlich, dass man für recht viel Geld und auf so vielen Seiten so viel Stückwerk und nur halb ausgearbeitete Ideen geboten bekommen hat. Fast auf jeder Seite der verschiedenen Bände hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass hier viel Potential nur halb genutzt wurde… (Fairerweise muss man vielleicht sagen, dass das auch für große Teile der ersten Borbaradkampagne galt, die auch erst in der Überarbeitung zu einer runden Sache wurde.)
Ich fände es toll, wenn du uns hier auch weiterhin mit deinen Erfahrungsberichten zur Kampagne auf dem Laufenden hieltest! 🙂 Kann man nur von für die eigene Planung profitieren.
Bei mir ist der Elf ebenfalls der Antagonist geworden. Bietet sich an. 🙂
Der Elf ist in „24h in Khunchom“ gemeinsam mit ein paar Kultisten aufgetaucht und hat den Helden Stöcke zwischen die Beine geworfen. Außerdem habe ich den Kartographen aus dem 1. Teil zum Antogonisten aufgebaut, der erst im 2. Teil auftaucht und mit dem Elfen gemeinsame Sache macht. Das hat gut funktioniert. Die beiden sind zu netten Gegenspielern der Helden geworden.
Mittlerweise ist es so, dass immer wenn während des Abenteuers irgendwas Unschönes passiert, die ersten Frage der Helden ist: „War hier vielleicht kürzlich ein Elf?“
Auch die Kraftlinien möchte ich etwas mehr in den Vordergrund stellen. Die gehen sonst in den Abenteuern viel zu sehr unter.
Allerdings hat das bisher noch nicht richtig geklappt. Wobei wir aber (mittlerweile) keinen Magier mehr in der Gruppe haben, was die Sache schwieriger macht.
Zur Heldenwahl: Wenn die Helden aufgrund ihrer Profession eine Motivation für die Abenteuer haben, erleichtert das die ganze Angelegenheit natürlich. Ansonsten muss man als Meister die Helden nicht selten zum Jagen tragen – was nicht gerade schön ist. Es ist, wie Marvin geschrieben hat, dann der Holzhammer des Meisters, auf den ich eigentlich verzichten möchte.
Hey, was ist nu eigentlich mit der angedachten Hilfeseite? Ich hoffe nicht, dass Aelindirs Kommentar untergegangen ist:
https://www.arkanil.de/2011/07/24-stunden-in-khunchon-nachbetrachtung/#comment-1394
Hi, untergegangen ist das nicht ganz. Aber die technische Umsetzung dieser Projekt-Webseite lag leider nicht in meinen Händen und ich habe den Kontakt verloren. 🙁
Sagt mal, Arkanilium und Benjahmin, ihr seit nicht zufällig die Personen, die seit Wochen die Drachenchronik der Zentralbibliothek in Essen in Beschlag nehmen, oder? (Ich hatte da sowas in Erinnerung, dass ihr aus Bochum kommt.)
Eigentlich wollte ich mal etwas in der Werken schmökern, aber wie angedeutet warte ich seit geraumer Zeit auf eine Gelegenheit, wo die Abentuerbnände vorrätig sind.
Öh, nö. Wir kommen aus Dortmund. 🙂
Aber interessant, dass es DSA-Abenteuer in der Essener Zentralbibliothek gibt.
Ich bin schon mal froh, dass dieser Blog fußballfreie Zone ist. 😉 Das ist hier teilweise nicht auszuhalten, wenn man wie ich in Stadionnähe wohnt.
Aber dafür gibts ja Imman als Ersatzdroge, damit man in seiner DSA-Welt nicht auf Pöbeleien und intelligente Gesänge verzichten muss.
Vielen Dank für die netten Worte zu „Bleiche Gestalten“. Freut mich, dass es euch solide Unterhaltung geboten hat.