Uthuria sorgt weiter für Diskussionen. Im Mittelpunkt der neuen Debatte steht die Größe und Ausdehnung des Südkontinents. Bereits kurz nach dem Erscheinen des ersten Uthuria-Abenteuers „An fremden Gestaden“ hatten mehrere DSA-Spieler auf die enorme Größe dieser neuen Spielwelt hingewiesen. Gemäß der Karte, die in dem Abenteuerband abgedruckt ist, hat Uthuria eine West-Ost-Ausdehnung von etwa 15.000 Meilen – was ungefähr der Ausdehnung Eurasiens entspricht.
Thamor vom DereGlobus-Projekt hat den Versuch unternommen, die Uthuria-Karte in den digitalen Globus einzuarbeiten. Die ersten Ansätze zeigen bereits, dass Uthuria in der vorgestellten Größe völlig überdimensioniert ist. Seine ausführliche Kritik hat Thamor in einem Trakat „Überlegungen zur Größe und Lage Uthurias auf Dere“ zusammengefasst.
Sein Urteil: Uthuria lässt sich nicht mit den bisherigen Beschreibungen von Aventurien und Myranor vereinbaren.
Ist die Kritik gerechtfertigt?
Kurz habe ich überlegt, ob ich Thamors Kritik entgegenhalten soll, dass DSA nur eine Fantasiewelt beschreibt. Die Dimensionierung von Kontinenten sollte daher nicht mit realen Maßstäben bewertet werden. Da es sich zudem um eine mittelalterliche Welt handelt, ließen sich Ungereimtheiten in den Angaben zu Länge und Entfernung mit der typisch mittelalterlichen Ungenauigkeit von Messwerten erklären.
Oder mit anderen Worten: Alles nur halb so wild. Es ist nur ein Spiel und es gibt kein Problem, das nicht mit Handwedeln zu lösen wäre.
Doch das ist nicht DSA. Zahlreiche Bücher beschäftigen sich auf tausenden von Seiten mit der detaillierten Beschreibung der Spielwelt. DSA legt großen Wert auf eine möglichst realitätsnahe Simulation der Spielwelt – die innere Logik soll weitgehend gewahrt sein. Nur deshalb konnte ein Projekt wie der DereGlobus überhaupt entstehen und so gut funktionieren. Der hohe Detailgrad macht nicht zuletzt auch den Reiz von DSA aus.
Widersprüche sind unvermeidbar
Am Beispiel der Uthuria-Karte und des DereGlobus-Projekts zeigen sich die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn eine Fantasiewelt in immer detaillierten Maße beschrieben wird. Zwangsläufig kommt es zu Ungereimtheiten und Widersprüche. Wer kann schon jedes Detail berücksichtigen?
Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die rasch korrigiert werden können. Manchmal sind es gravierdende Widersprüche. Obwohl Uthuria bislang ein unbeschriebenes Blatt ist, muss sich die Gestaltung dieser neuen Welt nur in dem Rahmen bewegen, den die bisherigen Beschreibungen der Spielwelt vorgeben. Je detaillierter die Beschreibungen, desto enger der Rahmen.
Das DereProjekt zeigt diesen Rahmen auf: Damit Uhturia sich harmonisch in die bisherigen Beschreibung der DSA-Welt einfügt, müsste der neue Kontinent eine Ausdehnung von etwa 5.000 Meilen in Ost-West-Richtung und etwa 3.500 Meilen in Nord-Süd-Richtung haben.
So schnell stößt eine Fantasiewelt an ihre Grenzen.
8 Gedanken zu “Uthuria! Oder: Die Grenze der Fantasie”
Gut, dass du hier Grundsätzliches ansprichst, welches das DereGlobus-Projekt vielleicht als zu selbstverständlich voraussetzt. Und schön, dass du dennoch zum Schluss kommst, das meine Kritik gerechtfertigt ist. 😉
Ich bin ein Fan des „Realismus“ im schönen Wort „Fantastischer Realismus“, das geb‘ ich zu. Allerdings möchte ich auch darauf hinweisen, dass man an der Größe auch ganz praktisch-fantastische Probleme finden kann, wie z.B. die gigantischen Entfernungen die von Entdeckern zurückgelegt werden müssen. Natürlich gibt es vielleicht auch die Spieler, die sagen: Die Helden kommen an, wenn es dramaturgisch passt. Aber das passt nicht so richtig zur Entdeckermentalität finde ich, wo Entfernungen über Leben und Tot entscheiden können und das gesamte Abenteuer maßgeblich beeinflussen.
Ich stimme Dir in allen Punkte völlig zu. 🙂
Die gigantischen Entfernungen von Uthuria sind für Entdecker nur schwer zu meistern. Das fängt bereits bei „An fremden Gestaden“ an. Wenn ich mich nicht täusche, muss die Heldengruppe im Laufe eines Abenteuers zu der nahe gelegenen Bergkette reisen.
Wobei „nahe gelegen“ nur relativ ist. Die Bergen sind immer noch rund 600 Meilen entfernt. Der Weg führt quer durch den Dschungel. Als Reisegeschwindigkeit wird im Abenteuer 2 bis 12 Meilen pro Tag angegeben. Nehmen wir die Mitte: 6. Dann dauert die Reise 100 Tage. Samt Rückreise also rund ein halbes Jahr. Und das nur, um mal eben schnell zum Schauplatz des Abenteuerfinales zu reisen…
Die detaillierten Regeln für Reisegeschwindigkeiten gehören – wenn man so will – ebenfalls zum „Fantastischen Realismus“. Wenn man solche Regeln aufstellt, muss man darauf achten, dass die Entfernungen stimmig sind. Und dann kann man nicht sagen: „Boah, wir machen jetzt einfach mal so einen richtig riesengroßen Kontinent. So total gigantisch. So 15.000 Meilen lang. Das wird toll.“
Das hat weniger mit Realismus als mit Geographie zu tun. Ich weiß nicht wie andere Fantasywelten entstanden sind, ob gleich als komplete Welt oder Landmassen – aber ein Planet der bereits von seinen Ausmaßen so oft beschrieben und damit festgelegt wurde, muß sich der „Realität“ beugen.
Fantasy/Fantasie ist eben nicht dasselbe wie Beliebigkeit. Auch und gerade eine Fantasiewelt wie Dere braucht eine gewisse Glaubwürdigkeit. Grundsätzlich sollte sie so funktionieren, wie unsere Welt, es sei denn, es gibt einen Grund, wieso es anders ist: Magie, Götter, andere Naturgesetze (Sphären, Elemente etc.). Die irrwitzigen Ausmaße Uthurias deuten nunmal auf schlicht auf einen Rechenfehler hin und nicht auf eine wundersame Gegebenheit der Welt. Und wenn ich sowas lese/am Spieltisch höre, und mein erster Gedanke ist nicht „toll, ein Mysterium“, sondern „Scheiße, ein Fehler“, dann sind sie erreicht – die Grenzen der Fantasie.
@zakkarus und @Graf Hardimund:
Natürlich gehören Glaubwürdigkeit und die Berücksichtigung der geographischen Gegebenheiten dazu. Es geht auch nicht um Beliebigkeit.
Wie zakkarus geschrieben hat, wurde Dere bereits von seinen Ausmaßen oft beschrieben und damit festgelegt. Das ist genau das „Problem“. Deswegen kann man seiner Fantasie nicht mehr freien Lauf lassen und sagen: „Uthuria hat eine West-Ost-Ausdehnung von 15.000 Meilen.“
Ich nenne so etwas Realismus, andere nennen es Geographie oder Glaubwürdigkeit. Ist aber letztlich egal. Fakt ist, dass die Ausmaße von Aventurien (und Myranor) sehr genau festgelegt wurden. Das musste man so nicht machen. DSA hat es gemacht – und das schränkt automatisch die Freiheiten bei der Gestaltung von Uthuria ein.
Meine Erklärung
Dere wurde bisher nur aus der Sicht von Aventurien und Myranor beschrieben, wodurch es naheliegend war, dass Dere eine Kugel ist. Erst jetzt – mit der Entdeckung von Uthuria – wird langsam klar, dass es sich um irgendetwas birnenfähiges handeln muss.
Wenn man jetzt noch bedenkt, dass zu der Zeit, als Alrik Kiesow DSA erfand, ein gewisser Helmut Kohl Bundeskanzler war…
Der Punkt iurchaus nachvollziehbar. Dann werden wir google mal bitten, eine Birnenvariante exklusiv für DSA zu entwickeln. Vielleicht schaffen wir das mit der Finanzierung, wenn wir das über Crowdfunding machen. Beim Wiki Aventurica hat ein Spendenaufruf schließlich aufgezeigt, was an Geldern zur Verfügung steht… 😀
Ich finde ja: manchmal ist weniger mehr. Der kleinere Kontinent erscheint mir sinnvoller und auch besser bespielbar. Wir haben ja bereits mit Ras Tabor endlose Weiten, die nie einer erreicht. Normalerweise.
Am Anfang fand ich es echt nervig, dass der nächste Kontinent wieder so riesig war. Und nicht mal ganz im Buch dazu aufgezeichnet war. 😬