DSA5 zwischen Übersichtlichkeit und Komplexität

Aventurischer Bote 161 mit DSA5-AnkündigungSeit rund zwei Jahren wird an DSA5 gearbeitet. Der offizielle Startschuss erklang auf der RatCon 2013. Kurz darauf folgte die Ankündigung im Aventurischen Boten 161. Dort wurden die Ziele der 5. Edition zusammengefasst:

DSA5 soll sich wie DSA anfühlen. Die Regeln sollen mit der fünften Edition jedoch leichter zugänglich werden und übersichtlicher. DSA5 soll ein komplexe Regelsystem mit vielfältigen Optionen bleiben, ohne dass es kompliziert wird.

Von diesem Ziel scheint Ulisses noch ein Stück entfernt. Ende März gab DSA-Redakteur Alex Spohr auf der Ulisses-Homepage bekannt, dass die Veröffentlichung des DSA5-Grundregelwerks vom Mai auf den August verschoben wird:

„Bei den letzten Tests hat sich jedoch immer mehr abgezeichnet, dass gerade Neueinsteiger ohne Anleitung eines erfahrenen Spielleiters Schwierigkeiten haben, sie von sich aus schnell und einfach zu erlernen. Die Regeln formal entsprechend zu überarbeiten und mit zusätzlichen Beispielen zu versehen ist jedoch zu aufwendig, um dies innerhalb so kurzer Zeit sauber umzusetzen. Daher haben wir beschlossen Nägel mit Köpfen zu machen und den Termin der Veröffentlichung zu verlegen.“

Bis August hat sich die DSA-Redaktion Zeit für Nachbesserungen genommen. Ich wage jedoch die Prognose: Auch diese Nachbesserungen werden die 5. Edition nicht zugänglicher und übersichtlicher machen. Das Problem ist nämlich: Diese Ziele passen nicht zum DSA5-Konzept.

Unterschiede zwischen DSA4 und DSA5

Im aktuellen Aventurischen Boten 170 sind – wie es dort heißt – die wichtigsten Unterschiede zwischen der 4. und der 5. Edition aufgelistet:

  • Heldenerschaffung über Abenteuerpunkte
  • Heldenerschaffung mit Wahl von Erfahrungsgraden
  • Einführung von Schicksalspunkten
  • Liturgiesystem wurde dem Magiesystem angeglichen
  • Ausdauer wurde abgeschafft und durch das Zustandssystem ersetzt (Schmerz, Verwirrung, etc.)
  • Talentliste wurde entschlackt, einige Talente in optionale Sonderfertigkeiten umgewandelt
  • Routineprobe bei Talentproben, die das Würfeln erspart
  • Bei Fertigkeitsproben werden Modifikationen nicht mehr vom Talentwert, sondern von den Eigenschaftswerten abgezogen
  • Paradewert wurde verringert, um Kämpfe zu verkürzen
  • Kampfsonderfertigkeiten wurde überarbeitet und angepasst, Waffentalente wurden in Kampftechniken umbenannt
  • Zauberwirkungen, Liturgiewirkungen, Sonderfertigkeiten und Waffenwerte wurden überarbeitet

Ich schaue mir diese Liste an und frage mich: Welche dieser Änderungen machen DSA5 leichter zugänglich und übersichtlicher?

Die 5. Edition dreht an kleinen Stellschrauben

Die Angleichung des Liturgiesystems an das Magiesystem dürfte hilfreich sein, ebenso die Heldenerschaffung über Abenteuerpunkte. Und sonst? Die Ausdauer wurde zwar abgeschafft, aber durch das Zustandssystem ersetzt. Ist das nun besser? Wahrscheinlich. Ist das der große Wurf? Eher nicht. Aber der große Wurf ist auch nicht gewollt. DSA5 soll DSA bleiben.

DSA5 ist das Drehen an kleinen Stellschrauben. Sonderfertigkeit werden überarbeitet, Talentproben abgeändert, Paradewerte halbiert. DSA5 ist das Anpassen bestehender Regeln in der Absicht, die jeweiligen Regeln flüssiger zu gestalten und dafür zu sorgen, dass sie besser funktionieren.

Das aber ist ein anderes Ziel, als das Regelsystem insgesamt leichter zugänglich und übersichtlicher zu gestalten.

Ziel und Konzept passen nicht zusammen

Das Problem für DSA-Neulinge sind nicht die Details der einzelnen Kampfsonderfertigkeiten. Das Problem ist, dass es 46 Kampfsonderfertigkeiten gibt, und dass es magische Sonderfertigkeiten gibt, klerikale Sonderfertigkeiten und profane Sonderfertigkeiten.

Das Problem ist, dass es Kampftechniken gibt, Vorteile, Nachteile, Zustände, Routineproben, Schicksalspunkte, Erfahrungsgrade; dass mal mit 3W20 gewürfelt wird und mal mit 1W20 und stets irgendwelche Modifikationen zu berücksichtigen sind – und dass all diese Regeln potenzielle Wechselwirkungen entfalten.

Oder anders ausgedrückt: Das Problem ist die Komplexität.

Komplexität und Zugänglichkeit schließen sich aus

Die DSA-Redaktion ist mit der 5. Edition sehr darum bemüht, komplizierte Regeln zu vereinfachen. Die einzelnen Teile des Regelsystem sollen einfacher, flüssiger, wirksamer und schneller werden. Das System als Ganzes soll jedoch komplex bleiben. „Komplex aber nicht kompliziert“, das ist der DSA5-Leitspruch.

Komplexität aber ist das Gegenteil von Zugänglichkeit und Übersichtlichkeit. Komplexität ist die Vielschichtigkeit eines Thema; das Ineinander vieler Merkmale. Ein System ist komplex, wenn zahlreiche unterschiedliche Details vorhanden sind, für die es keine vereinfachende Abstraktion gibt. Komplexität beinhaltet eine Vielfalt von wirkenden Faktoren, die in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander stehen.

Mit anderen Worten: So lange DSA komplex bleibt, so lange wird es schwer zugänglich und unübersichtlich bleiben.

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