Schiffstypen und ihre irdischen Vorbilder

Auf den aventurischen Meeren herrscht bunte Vielfalt. Eine Ansammlung unterschiedlicher Schiffstypen kreuzt auf Efferds Wogen, und wie es in der gleichnamigen Spielhilfe heißt, „gleicht kein Schiff dem anderen und es oft schwierig zu entscheiden, ob ein bestimmtes Schiff nun ein Holken, eine große Kogge oder eine nordländische Karracke ist.“

Gleichwohl sind die bekannten aventurischen Schiffe in mehreren Typen eingruppiert worden, die sich alle eng an irdische Schiffe anlehnen. Dabei haben sich die DSA-Macher von unterschiedlichen Ländern und sogar Epochen inspirieren lassen.

Mit leichter Verwunderung habe ich daher immer darauf geblickt, wie die Menschen in dem einen Teil Aventuriens mit weitentwickelte Segelschiffen die hohe See befahren uns selbst bis ins Güldenland vorstoßen, während im Nachbarland die Menschen noch mit Galeeren auf dem Wasser dümpeln. Diese großen Diskrepanzen in der Entwicklung des Schiffsbaus schienen mir stets wenig einleuchtend.

Mit leichter Überraschung musste ich jedoch kürzlich feststellen, dass diese Diskrepanzen gar nicht so groß sind. Galeeren, die das Rückgrat der südaventurische Seeflotten stellen, kamen nicht nur in der irdischen Antike zum Einsatz, wie ich bislang immer angenommen hatte. Weiterentwicklungen der altrömischen und altgriechischen Galeeren befuhren bis zum Beginn der Neuzeit das Mittelmeer.

Diese Erkenntnis habe ich zum Anlass genommen, mir die unterschiedlichen aventurischen Schiffstypen und ihr irdisches Vorbild mal genauer anzuschauen. Das Ergebnis ist, dass einige dieser Schiffstypen tatsächlich ihr Vorbild in der antiken Schifffahrt haben, der größte Teil jedoch auf irdischen Schiffstypen des späten Mittelalters der beginnenden Neuzeit basiert.

Im Folgenden habe ich die aventurischen Schiffe in der chronologischen Reihenfolge ihrer irdischen Gegenparts aufgelistet. Bei einzelnen Schiffstypen ist die Datierung zwar etwas vage, liefert aber insgesamt dennoch einen guten Überblick.

ANTIKE

Bireme  – 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr

 

Aventurisches Erscheinungsbild:

Biremen gehören zu den Galeerentypen und verfügen über zwei Ruderreihen pro Längsseite. Hauptangriffswaffe dieser Kriegsschiffe ist der Rammsporn an Bug.

Biremen werden hauptsächlich von südlichen Stadtstaaten eingesetzt. Dieser altertümliche Schiffstyp ist vermutlich güldenländischen Ursprungs und wird zunehmenden von den moderneren Dromonen und Galeassen abgelöst.

Irdisches Vorbild:

Eine Bireme war eine antike Galeere mit zwei übereinander angeordneten Ruderbänken. Sie wurden von Griechen und Phönizier als Kriegsschiffe eingesetzt. Am Schiffsbug befand sich ein Sporn zum Rammen gegnerischer Schiffe.

 

Trireme – 6. bis 3. Jahrhundert v. Chr

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Trireme ist eine Weiterentwicklung der Bireme und der Versuch, die Kampfkraft der Galeeren mit neuen Segeltechniken zu kombinieren. Dieses Ruderkriegsschiff verfügt über drei Riemenreihen pro Seite. Hauptwaffe ist weiterhin der Rammsporn Trireme werden in Al’Anfa, Havena, Perricum, Zorgan und den Zyklopeninseln gebaut.

Irdisches Vorbild:

Die Triere (griechisch) oder Trireme (lateinisch) war vom 6. bis zum 3. Jahrhundert v.Chr. das wichtigste Kriegsschiff im Mittelmeer. Die Übersetzung von Triere und Trireme lautet „Dreiruderer“. Entsprechend verfügte diese antike Galeere über drei gestaffelt angeordneten Ruderbänken auf jeder Seite. Abgelöst wurde die Trireme im 3. Jahrhundert v.Chr von der schnelleren Liburne, die wie die Bireme über zwei Reihen von Riemen verfügte.

 

MITTELALTER

 

Dromone – 6. bis 12. Jahrhunderts.

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Dromone ist eine al’anfanische Weiterentwicklung der Bireme und Trireme. Dieses Ruderkriegsschiff verfügt über zwei Riemenreihen pro Seite und zwei Masten.  Als Angriffswaffen weisen Dromonen einen Rammsporn und Kampfplattformen für Bogenschützen und Schiffsgeschütze auf.

Irdisches Vorbild:

Die Dromone war ein Kriegsschiff, das auf der der griechischen Triere basierte. Diese schnelle Galeere wurde im 6. bis 12. Jahrhundert vom Byzantinischen Reich eingesetzt. Die Dromone hatte zwei Riemenreihen und ein Segel. Als Bewaffnung diente neben einem Rammsporn ein Katapult, mit dem brennende Flüssigkeit verschossen werden konnte

 

Otta – 6. bis 12. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Eine Otta ist ein das typische Kriegschiff der Thorwaler. Diese schnellen und wendigen Langschiffe können dank ihres geringen Tiefgangs auch Flüsse befahren. Ottas besitzen einen umlegbaren Mast und können zusätzlich von der Besatzung mit Rudern angetrieben werden.

Irdisches Vorbild:

Die Langschiffe wurden von den Wikingern hauptsächlich für militärische Zwecke genutzt. Die frühen Varianten waren noch reine Ruderschiffe. Die Wandlung zum Segelschiff erfolgte zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert.

 

Knorre –  6. bis 12. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Knorre ist das typische Handelsschiff der Thorwaler. Sie sind etwas kleiner als Ottas, dafür aber ähnlich breit, was ihnen ein deutlich wuchtigeres Aussehen verleiht. Angetrieben wird sie ebenfalls von einem einzelnen Mast und von Rudern. Wie ihre Schwesterschiffe können sie dank ihres geringen Tiefgang ebenfalls landeinwärts auf Flüssen fahren.

Irdisches Vorbild:

Die Knorr war das Lastenschiff der Wikinger. Auf diesen breiteren Langschiffen transportieren sie Handelswaren über die Meere. In seiner Bauweise ähnelte die Knorr den Kriegsschiffen der Wikinger .

 

Holk – 9. bis 15. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Ein Holk ist die bornische Weiterentwicklung der Kogge. Diese Dreimaster zeichnen sich durch einen größeren Laderaum und sind gut als Handels- und als Kriegsschiff geeignet. Holken werden fast ausschließlich im Bornland und in Riva auf gebaut und dienen in erster Linie dem Fernhandel. Damit bilden sie das bornländische Gegenstück zur Karracke.

Irdisches Vorbild:

Die Hulk oder Holk war im Mittelalter ein breites und flach gebautes Schiff. Der Name wurde im Laufe der Jahrhunderte für unterschiedliche Schiffstypen verwendet. Zum Ende der Römerzeit war ein Holk noch ein von Land gezogenes Flussschiff, entwickelte sich bis zum 15. Jahrhundert aber zu einem der wichtigsten größere Schiffstyp der Hanse. Neben charakteristischen Einmastern traten auch Zweimaster und Dreimaster auf.

 

Kogge – 12. bis 14. Jahrhunderts

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Kogge ist ein besonders in Nordaventurien weit verbreitetes Handelsschiff. Diese Einmaster verfügen selten über Bewaffnung und werden daher vorwiegend zum Transport von Fracht und Personen eingesetzt.

Irdisches Vorbild:

Die Kogge war vom 12. bis 14. Jahrhundert der wichtigste Schiffstyp Nordeuropas. Diese Lastsegler wurden in erster Linie für den Handel eingesetzt, konnten aber in kriegerischen Auseinandersetzungen auch mit Kanonen ausgestattet werden. Mit kleiner Besatzung ließ sich mit diesen Schiff eine große Menge Fracht transportieren.

 

Lorcha und Zedrakke – 8. bis 16. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Lorcha und Zedrakke sind eng verwandte Schiffstypen. Die zweimastigen Lorcha zeichnet eine hohe Wendigkeit aus. Erstmals wurde dieser Schiffstyp wohl auf Maraskan gebaut. Heute wird die Lorcha vorwiegend von Händlern und Seeräubern im südlichen Perlenmeer eingesetzt.

Die Zedrakke ist die größere Schwester der Lorcha. Dieser Schiffstyp ist ein kielloses Kastenboot, das in zahlreichen Variationen gebaut wird. Genutzt wird es vor allem als Handelsschiff und Fischereifahrzeug im Perlenmeer.

Irdisches Vorbild:

Als Dschunke werden die traditionellen Segelschiffe aus China bezeichnet. Die robusten ein- oder mehrmastigen Kastenboot wurden als Handels-, Lasten- oder Fischereischiffe auf chinesischen Flüssen, den Küstengewässern und der hohen See eingesetzt. Etwa Ende des 16. jahrhundert kam die Weiterentwicklung dieses Schiffstyps zum Stillstand. Allerdings gibt es bis heute in China dschunkenähnliche Schiffe.

 

Karavelle – 14. bis 16. Jahrhunderts

Aventurisches Erscheinungsbild:

Eine Karavelle ist ein moderner Schiffstyp, der gezielt für Fahrten auf hoher See entwickelt wurde. Dieses robuste Segelschiff wird in verschiedenen Varianten gebaut, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. So gibt es neben den weit verbreiteten zweimastigen Karavellen sind Zweimaster auch größere Dreimaster und kleine Einmaster.

Irdisches Vorbild:

Die Karavelle war ein bevorzugter Schiffstyp der Spanier und Portugiesen im 14. bis 16. Jahrhundert  Diese zwei- bis viermastigen Segelschiffe zeichneten sich durch geringen Tiefgang, ein hohes Heck, Schnelligkeit und sehr gute Eigenschafte am Wind aus. Daher waren sie von großer Bedeutung für die Entdeckungs-, Forschungs- und Handelsfahrten entlang der westafrikanischen Küste und Amerikas.

 

Galeasse – 16. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Galeasse ist ein modernes Ruderschiff mit schwerer Bewaffnung, das vom Horasreich als Weiterentwicklung der Trireme konzipiert wurde. Auch das Mittelreich entwickelte eigene Galeassen, die als Perricum-Klasse bezeichnet werden. Dieser Typ Kriegsschiff ist deutlich kampfstärker und hochseetauglicher als ältere Galeerenarten.

Irdisches Vorbild:

Die Galeasse war eine Kombination aus Segel- und Ruderschiff und damit eine Weiterentwicklung der Galeere. Im 16. Jahrhundert wurde die Galeasse vorwiegend von der Venedig als Kriegsschiff eingesetzt. Da dieser Schiffstyp jedoch auf hoher See anderen Segelschiffen wie den Galeonen unterlegen war, verschwand die Galeasse recht schnell wieder.

 

NEUZEIT

 

Karracken – 14. bis 17. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Karracken gehören zu den am weitesten verbreiteten Segelschiffen. Sie wurden von Kusliker Schiffsbaumeistern als Fracht- und Kriegsschiffe konzipiert. Wegen ihrer großen Tragfähigkeit sind sowohl zum Transport von Fracht- und Menschenmengen wie auch als schwer bewaffnete Kampfschiffe geeignet. Karracken werden in Kuslik, Zorgan und Havena gebaut. Sie sind das Gegenstück zur Holken der nördlichen Meere.

Irdisches Vorbild:

Die Karacke  war ein Segelschiff, das am Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit auf den Meeren kreuzte. Der Schiffstyp tauchte erstmals im 14. Jahrhundert in Genua auf und war bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts weit verbreitet. Er wurde sowohl als Handels- wie auch als Kriegsschiff genutzt und war eine Weiterentwicklung aus Nao und Karavelle.

 

Thalukke – Mittelalter bis 18. Jahrhundert

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Thalukke ist ein hochseetüchtiges Segelschiff, das vor allem im Perlenmeer verbreitet ist. Die Grundform der Thalukke findet sich bei allen seefahrenden Ureinwohnern Aventuriens. Charakteristisch für diese meist ein-, selten zwei- oder Schiffe sind ihr schlanker Rumpf und eine hohe Geschwindigkeit und Wendigkeit. Aus diesem Grund ist die Thalukke bei Händlern und Piraten gleichermaßen beliebt.

Irdisches Vorbild:

Felucke und Schebecke könnten als Vorbild für die Thalukke gedient haben. Felucken sind kleine ein- oder zweimastige Segelschiffe, die bis heute in Ägypten genutzt werden. In frührer Form wurden sie als kleine galeerenartige Schiffe Schiffen auch als Kriegs- und Piratenschiffe verwendet. Ein dreimastiges Schiff ähnlicher Bauart tauchte mit der Schebecke erst im 18. Jahrhundert auf.

 

Schivone  – 16. bis 18. Jahrhundert 

Aventurisches Erscheinungsbild:

Die Schivone ist ein moderner Schiffstyp, der die hervorragenden Segeleigenschaften der Karavelle mit der großen Ladekapazität und Kampfkraft der Karracke bzw. Holk vereint. Dieses hochseetüchtige Segelschiff mit drei bzw. vier Masten wurde fast zeitgleich in Grangor und Kuslik entwickelt und wird als Kriegs- und Handelsschiff eingesetzt.

Irdisches Vorbild:

Galeonen waren große Kriegsschiffe, die in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelt wurde. Es wird vermutet, dass dieser Schiffstyp den Versuch darstellte, die Kampfkraft der Karacken mit den Segeleigenschaften der Karavellen zu verbinden. Galeonen wurden zunächst vorwiegend von Spaniern, Portugiesen und Engländern eingesetzt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war dieser Schiffstyp jedoch so weit verbreitet, dass es im europäischen Raum kaum noch andere große Segelschiffe gab.

 

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