Mimimimi… Metaplot

Wie kam es bloß zu diesem Freiheitswahn? Es gibt viele Gründe für das Rollenspiel. Die große spielerische Freiheit gehört zweifellos dazu. Aber spielerische Freiheit ist nicht der einzig glücklich machende und spaßfördernde Faktor beim Rollenspiel. Ebenso wenig ist maximale Spielfreiheit ein von allen Rollenspielern jederzeit und überall anzustrebender Zustand. Dennoch wird der Grad der Spielfreiheit von einigen Rollenspielern zum entscheidenden Qualitätsmaßstab für ein Rollenspiel gemacht.

Eine merkwürdige Entwicklung. Kein Rollenspiel ermöglicht totale Spielfreiheit. Ein solches Spiel würde nicht funktionieren. Alle Rollenspiele schränken die Spielfreiheit auf die eine oder andere Weise ein. Die meisten Rollenspieler nehmen das wort- und klaglos hin. Doch wenn irgendwo ein Metaplot auch nur leise damit droht, die Freiheit einzuschränken, beginnt das Geschreie: „Skandal! Sklaverei! Nieder mit dem Metaplot! Wir wählen die Freiheit!“

Was ist so schlimm an einem Metaplot, der die Spielfreiheit einschränkt? Einschränkungen gibt es überall. Die Spielwelt, das Regelsystem, die Interaktionen der Spieler, selbst der gesunde Menschenverstand schränken in jedem Rollenspiel die Freiheit der Spieler ein.

Es gibt Rollenspiele, die versuchen die einschränkenden Faktoren zu reduzieren. Wer schon einmal Fate oder Malmsturm gespielt hat, wird wissen, in welche Richtung die Versuche gehen: Wenig Werte, eine sehr offene Darstellung einer Spielfigur, Spielleiter und Spieler entwickeln gemeinsam eine Geschichte. Ist das besser als ein „klassisches Rollenspiel? Nein, es ist nur anders. Manchen gefällt es, anderen nicht.

Mit der Dampflok zum Drachenkampf

Selbst diese nach größtmöglicher Freiheit strebenden Rollenspiele kennen Einschränkungen. Nur in den wenigsten Fantasy-Rollenspielen haben die Spieler die Möglichkeit, von den Vorgaben einer mittelalterlichen Welt abzuweichen. Die Erfindung einer Dampfmaschine durch die Spieler dürfte meist schwierig sein, der Bau eine Dampflokmotive gar unmöglich. Manche Spieler dürfen in ihrer Spielwelt vielleicht den König stürzen und sich selbst zum Herrscher küren. Doch die Proklamation einer Republik wird selten geschehen, eine parlamentarische Republik wohl niemals errichtet werden. Ingame ließe sich das alles vielleicht sogar irgendwie erklären. Dennoch wird es nicht gemacht. Warum? Weil die Spieler sich auf das Spiel in einer Fantasy-Welt geeignet haben.

Es gibt in jedem Rollenspiel zahlreiche geschriebene und ungeschriebene Vereinbarung über die Einschränkung der Spielfreiheit. Was aber macht den Metaplot so verdammungswürdig?

Ist es der „Erklärungsnotstand“, wie Praesi in einem Kommentar geschrieben hat? „Dutzende von NSCs wollen in den Metaplot eingebaut werden, weil es einfach nicht plausibel ist, das König A, EvilOverlord B oder Held C aus Hintergrundband D nichts mit den Vorgängen zu tun haben. Ein Faktum bedingt dann das nächste und multipliziert sich bei jeder neuen Setzung.“ Oder ist es der größere Aufwand für den Spielleiter, wie N3erdpol in seinem Blog schreibt? „Denn wer mit dem Metaplot spielt, muss auch stets gut über diesen informiert sein, damit einem kein Fehler unterläuft.“

Oben Metaplot – Unten Freiheit?

Das Argument des Erklärungsnotstandes erscheint plausibel. DSA ist dafür das beste Beispiel. Doch ist hier wohl besonders der Aventurische Bote die treibende Kraft hinter der sich immer schneller drehenden Spirale an Festlegungen. Vielleicht ließe sich der Erklärungsnotstand mit einer klaren Trennlinie vermeiden. Oberhalb dieser Linie befinden sich NSCs, Organisationseinheiten und Orte, die im Rahmen des Metaplots eine Rolle spielen (das ist der Metaplot). Darunter der ganze Rest, der zwar vom Metaplot betroffen sein könnte, aber in der Ausgestaltung den Spielern überlassen wird. Wenn EvilOverlord B also mit Feuer und Stahl durch das Land zieht, werden so manche Dörfer in Flammen stehen (das ist unterhalb der Trennlinie).

Ein nahezu unkontrolliert wuchernder Metaplot, wie es ihn bei DSA gibt, ließe sich damit vermieden. Das von N3erdpol angesprochene Problem, dass der Spielleiter immer gut über die Details des Metaplots informiert sein muss, hätte sich auch erledigt.

Die Diskussion über den Metaplot hat zudem eine Kehrseite. Ein Rollenspiel ohne Metaplot kann seinen Spielern kein weltveränderndes Material liefern. Die Spielwelt ist in ihren Grundzügen auf Dauer festgelegt. Abenteuer, in denen die Spieler Ereignisse von epochaler Tragweite anstoßen und bewirken, sind nicht möglich. Und das wäre doch sehr schade…

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