Mein DSA-Lieblingscover – oder: Wo sind die Märchen?

Ich habe ein DSA-Lieblingscover. Schon immer gehabt. Es ist das Cover von „Königreich am Yaquir“, der 1990 erschienenden Regionalbeschreibung zum „Lieblichen Feld“.

Drei einsame Reiter fernab jeder Zivilisation, bewaffnet, gerüstet, bereit zur Verteidigung gegen bekannte und unbekannte Gefahren. Inmitten der unwirtlichen Landschaft ragt unvermittelt eine gigantische Burg in die Höhe, erbaut auf dem Gipfel eines Berges, hoch wie die Wolken.

Was ein Bild, was ein Versprechen!

Ein Versprechen von Fantastik, Fantasie, Spannung. Ein Versprechen auf Geheimnisse, Gefahren und Entdeckungen in einer märchenhaften Welt. Oder wie es noch heute auf der Rückseite der DSA-Bücher steht: „Aufregende Abenteuer erleben – eine exotische und atemberaubende Welt erforschen.“

Die DSA-Welt konnte mit diesem Versprechen leider nie ganz mithalten. Nicht 1990, nicht heute.

Aventurien ist eine äußerst detailreiche Fantasiewelt, die großen Wert legt auf realitätsnahe Darstellungen und stringte Geschichtserzählungen legt. Für Fantastik, Geheimnisse und Entdeckungen ist nur noch wenig Platz. DSA ist kein Märchen, es ist Fantasy-Simulation.

Man stelle sich vor, die aktuelle Regionalbeschreibung zum Horasreich hätte dieses alte Cover erhalten. Nicht wenige DSA-Spieler hätten wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und enstsetzt gefragt:

„Was soll das für eine Burg sein? So ein Gebäude gibt es doch im Horasreich gar nicht. Und die Reiter: Was haben die denn für Helme auf? Sind das Thorwaler? Und dann dieses gelbe Steppengras: Das passt doch gar nicht zu den klimatischen Bedingungen des Horasreiches.“

Ein solches Cover passt in der Tat nicht in das heutige Aventurien. Vielleicht passte es bereits 1990 nicht nach Aventurien. DSA ist ein anderes Rollenspiel, als das Cover und manche Klappentexte versprechen.

Das muss nicht verkehrt sein. Den aventurischen Detailreichtum weiß ich durchaus zu schätzen. Realitätsnähe, Stringenz. Alles toll, habe ich auch alles so gewollt und durch meine Käufe finanziell unterstützt.

Aber manchmal schaue ich mir dieses alte Cover an und denke dabei: „Hach, wie toll wäre es mit meinem Helden durch die menschenleere Steppe zu reiten – und plötzlich taucht ein riesige Burg auf, ein mir bislang unbekanntes Königreich, eine exotische und atemberaubende Welt, die es zu erforschen gilt.“

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