Ein tiefer Blick in den Splittermond-Regelband

Splittermond - stets griffbereit. Auch im Zug.Woohooo. Es hat gedauert, viel zu lange, aber hier ist er: ein neuer Arkanil-Beitrag. Zeit zum Lesen habe ich in den vergangenen Wochen zwar gehabt, leider aber nur wenig Zeit zum Schreiben. Die Bahnfahrten zu meiner neuen Arbeitsstelle habe ich immerhin zum Blättern durch Rollenspiel-Bücher genutzt – vor allem für das Blättern durch den neuen Splittermond-Regelband.

Seit drei Wochen, seit dem 26. Juni, ist das Regelwerk für Splittermond erhältlich. In der vergangenen Woche hat der Uhrwerk-Verlag zudem die PDF-Ausgabe der Regeln zum kostenlosen Download bereitgestellt. Die bisherigen Reaktionen von Rollenspielern auf die Splittermond-Regeln sind… ja, wie sind sie eigentlich?

Grob zusammengefasst: Die Reaktionen sind im Wesentlichen so wie sie zu erwarten waren. Viele Rollenspieler haben ihre Meinung über Splittermond bereits vor langer Zeit auf Grundlage des Schnellstarters gebildet. Wenn ich ehrlich bin, trifft das auch auf mich zu.

Bislang habe ich noch keine Partie mit den vollständigen Splittermond-Regeln gespielt. Ich fühle mich allein schon aus diesem Grund nicht zu einer umfassenden Bewertung der Regeln in der Lage. Das hier wird also keine Rezension. Was folgt, ist mein völlig unvollständiger und subjektiver Eindruck, den ich beim Blättern durch den Splittermond-Regelband gewonnen habe.

Splittermond – das Layout

Splittermond-KampfDer erster Eindruck (mal wieder): „Hui, ist das blau.“

Der zweite Eindruck: „Hm, irgendwie eher Textwüste.“

Splittermond: eine blaue Textwüste. Klingt das zu hart? Bestimmt. Spätestens nach dem dritten Blick ins Buch ändert sich der Eindruck, ein paar hübsche Zeichnungen lockern das Bild auf, selbst an das Babyblau kann ich mich gewöhnen. Was sich nicht ändert: Das Layout des Bandes bleibt – hm, nun ja – eher Mittelmaß.

Allein das Layout sollte mir Spaß auf das Buch machen, sollte mich zum Blättern und Lesen anregen. Splittermond gelingt das kaum. Woran liegt das?

Zunächst hatte ich vermutet, dass der Mangel an großflächigen Zeichnungen der Grund sei. Zwar wären mehr Zeichnungen sicherlich kein Nachteil gewesen, doch der eigentliche Grund für das ermüdende Erscheinungsbild liegt woanders: Der Text ist unübersichtlich strukturiert.

Es gibt – ich bin mir da nicht ganz sicher – vielleicht acht oder zehn unterschiedliche Arten von Überschriften, die den Text in Kapitel, Unterkapitel, Abschnitte, Unterabschnitte, Absätze, Aufzählungen und Beispiele gliedern. Diese Überschriften unterscheiden sich teils nur minimal in ihrer Schriftgröße und Farbe (schwarz und dunkelbau). Das erschwert die Orientierung ungemein.

Die kleinteilige Gliederung des Textes ist an sich eine gute Sache, doch wird sie durch das Layout nicht gut unterstützt. Mehrmals musste ich beim Nachschlagen einer Information innehalten und den Text sortieren: Wo bin ich hier? Wo beginnt das Kapitel? Was steht wo? Was ist wichtig? Was nicht? All das ist mir auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Schade, das Unübersichtliche und Unruhige trübt meinen ersten Eindruck vom Splittermond-Regelband.

Splittermond – der Kampf

Splittermond-Cover-3D-195x300Mein erster inhaltlicher Blick galt dem Kapitel über die Kampfregeln. Nach Erscheinen des Splittermond-Schnellstartes waren es gerade die Kampfregeln, die im Zentrum der Kritik standen: Zu unausgewogen, zu umständlich, zu langatmig. Insbesondere das Tick-System kam nicht gut weg.

Hat sich daran was geändert? Ja und Nein.

Ja, weil vermutlich die gröbsten Schnitzer des Schnellstarters ausgebügelt wurden. Im Detail kann ich das aber nicht beurteilen, weil ich mich mit den Details nicht auseinandergesetzt habe. Ich bin kein Regelfuchs, der sich allein durch das Lesen ganz tief in ein Regelwerk einarbeitet. Ob einzelne Regeldetails gut oder schlecht funktionieren, bemerke ich meist erst während des Spiels. Wenn überhaupt.

Wichtiger ist mir, ob die grundlegenden Elemente eines Regelsystems gut funktionieren. An dieser Stelle hat sich bei Splittermond gegenüber dem Schnellstarter wenig geändert.

Die Grundzüge des Kampfsystems sind erhalten geblieben. Damit gehört auch das Tick-System weiter zum Kampf – und könnte sich als große Spaßbremse erweisen.

Bei Splittermond gibt es keine Kampfrunden. Stattdessen nimmt jede Handlung im Kampf eine bestimmte Zeit in Anspruch. Diese wird in Ticks angegeben. Zur Darstellung des Kampfverlaufs und zur Festlegung, wann jeder Beteiligte an der Reihe ist, nutzt Splittermond einen Zeitstrahl. Ein Angriff mit einem Dolch kostet zum Beispiel 6 Ticks, ein Angriff mit einer Zweihänder 12 Ticks. Ein Dolchkämpfer kann also doppelt so häufig angreifen wie ein Bewaffneter mit einem Zweihänder.

Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich vom Tick-System halten soll. Bislang habe ich Splittermond noch nicht gespielt, ich kann das Kampfsystem also nicht aus eigener Spielerfahrung beurteilen. Aber ich habe meine Bedenken.

Der Kampf könnte sich als sehr kleinteilig und sehr mechanisch erweisen und wenig Raum zur erzählerischen Ausgestaltung bieten. Die größten Bedenken habe ich jedoch bei der Unterscheidung zwischen den beiden möglichen Aktionsarten. Es gibt sofortige Aktionen (z.B. ein Nahkampfangriff) und kontinuierliche Aktionen (z.B. ein Fernkampfangriff). Kontinuierliche Aktionen können unterbrochen werden, wodurch der Spielleiter stets den Überblick behalten muss, welcher Kampfbeteiligter sich gerade in einer kontinuierlichen Aktion befindet. Bei Kämpfen mit zahlreichen Beteiligten dürfte das nicht einfach werden.

Splittermond – ganz allgemein

Splittermond-allgemeinSplittermond setzt auf schlanke, einheitliche Regelmechanismen ohne dabei auf Komplexität zu verzichten. Regelarm ist Splittermond nicht. Das muss man mögen. Ich mag das. Stark erzählerische Rollenspiele wie FATE treffen nicht meinen Geschmack. Überhaupt kann ich mich mit generischen Systemen wie auch Savage Worlds nur schwer anfreunden. Zumal mir gerade Savage Worlds teils zu regellastig und zugleich zu oberflächlich ist.

Bei Splittermond hat der Uhrwerk-Verlag hingegen ganz auf den Rollenspiel-Mainstream mit all den wohlbekannten Regelelementen gesetzt. Das Motto scheint gewesen zu sein: Keine Experimente.
Das klingt sehr konservativ, fast schon negativ, ist aber eher das Gegenteil. In meiner Wahrnehmung gibt es in Deutschland zwei Arten von Fantasy-Rollenspielen: Es gibt immer das nächste, neue, hippe, superinovative Rollenspiel, das total cool ist und alles anders macht – und dann deutschlandweit von fünf Personen gespielt wird. Und es gibt DSA.

Wer heute bereits gerne DSA spielt, wird das auch in Zukunft tun können. In absehbarer Zeit wird sich Das Schwarze Auge nicht ändern. Das zeigen allein die ausufernden Diskussionen über DSA5. Wer hingegen diese Art von Rollenspiel mag, jedoch mit dem DSA-Regelsystem nicht warm wird, der fühlte sich meist allein gelassen. In diese Lücke stößt Splittermond.

Splittermond hat all das, was an Fantasy-Rollenspielen klassisch und typisch ist: Attribute und Fertigkeiten. Heldenerschaffung mit Rassen, Klassen und Professionen. Erfahrungspunkte und das Steigern. Magie und Zaubersprüche. Kampfproben und Lebenspunkte. Wer DSA kennt, wird mit Splittermond nicht in völlig neue Spieldimensionen vorstoßen. Im Gegenteil.

Keine Experimente – bei Splittermond bedeutet das: Beliebte und bekannte Regelelemente zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzufügen. Das ist nicht hip, das ist nicht cool. Damit lassen sich keine Innovationspreise im tanelorn-Forum gewinnen. Aber das ist solide.

Splittermond – solides Spiel

Splittermond möchte ein solides Fantasy-Rollenspiel für die breite Masse der Rollenspieler sein. Solide heißt: Ein durchdachtes Spiel, ohne größere Makel, aber auch ohne Extravaganzen. Ein Spiel, das auf einem gesicherten Fundament steht und dauerhaft Spielspaß bereitet.

Ein solides Mainstream-Rollenspiel. Das klingt nicht nach viel. Doch das wäre eine Bereicherung für die deutsche Rollenspielszene. Gelingt das Splittermond? Mein Eindruck: Nicht immer, aber doch meist ganz gut.

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